Die andere Krise: Können Digitaldrucker der Klima- und COVID19-Krise trotzen?
In diesen Tagen setzen vor allem die europaweiten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie den Digitaldruckern zu. Darüber verliert man leicht eine andere Krise auf dem Planeten aus dem Blick. Denn auch die Anstrengungen, die gegen den Klimawandel helfen sollen, werden direkten Einfluss auf die Branche haben. Zeit, sich darauf einzulassen.
Veranstaltungen und Gastronomie geschlossen, mancherorts sind auch gleich die meisten Läden nicht mehr zugänglich: Die COVID19-Krise hat die Kunden der Digitaldrucker fest im Griff. Das wirkt sich auf Druckereien aus, die beispielweise schwerpunktmäßig POS-Applikationen anbieten. Das sollte aber den Blick auf die Klimakrise nicht verstellen.
COVID19 lässt die Umsätze in der Druckbranche wegbrechen
Bildunterschrift: Die Nachfrage nach digital gedrucktem POS-Material ist 2020 stark eingebrochen. Viele Digitaldrucker müssen daher Kosten reduzieren. Foto: S. Angerer
Im Vergleich vom Vorkrisen-Jahr ist der Umsatz in der gesamten Druckbranche deutlich abgeflacht. Das hat bis heute Auswirkungen auf die Lieferanten:
- Weniger Nachfrage nach Verbrauchsmaterial
- Geringe Neigung zu Investitionen in Maschinen
- Service-Verträge werden stillgelegt, verändert oder gleich gekündigt.
- Textildruck
- Soft Signage
- Individualisierte Inneneinrichtungen
- Personalisierte Geschenkideen und Werbeartikel
- Verpackungen
Noch ist völlig unklar, wie lange die Pandemie dauern wird, oder wie die langfristigen Auswirkungen im Detail aussehen. Das darf aber nicht dazu führen, dass die Klimakrise aus dem Blick gerät. Denn beispielsweise Markeninhaber und Regierungen haben viele Maßnahmen auf den Weg gebracht, die der Erderwärmung Einhalt gebieten sollen. Diese greifen zum Teil direkt in das Alltagsgeschäft von Digitaldruckern ein.
Der Gesetzgeber forciert den Klimaschutz
Bildunterschrift: Digitaldrucker mit UV-LED-Technologie verbrauchen weniger Strom. Das mindert kosten und hilft der Umwelt. Foto: S. Angerer
Auf Bundesebene startet Deutschland bereits 2021 mit der CO2-Bepreisung bei Wärme und Verkehr. Im neuen deutschen Klimaschutzgesetz vom September 2020 ist zudem festgelegt, dass die Treibhausgasemissionen bis zum Zieljahr 2030 verringert werden sollen. Es findet eine jährlich Überprüfung statt, Maßnahmen sollen gegebenenfalls angepasst werden. Bis 2050 soll die Bundesrepublik klimaneutral sein. Sowohl der Unterhalt des Fuhrparks wie auch das Beheizen von Büros und Produktionsstätten der Digitaldruckereien werden durch die Klimaschutzmaßnehmen also in den nächsten Jahren deutlich teurer.
Auch die EU drängt darauf, dass in ihren Mitgliedsstaaten Maßnahmen eingeleitet werden, um beispielsweise die Nachhaltigkeitsziele der UN zu unterstützen. Ein Kernpunkt ist dabei der Umbau zur Kreislaufwirtschaft. Entsprechende Maßnahmen wurden bereits 2015 beschlossen. Viele Applikationen, die Großformat-Druckereien derzeit herstellen, eignen sich aber heute nur relativ schlecht dazu, als Sekundärrohstoff recycelt zu werden. Dies gilt zum besonders für den Messe- und Ladenbau, Verpackungen sowie POS-Material. Denn das fertige Produkt ist als Verbundmaterial oft nur noch zur thermischen Verwertung bestimmt.
Große Marken sind bei den Bemühungen um ein Eindämmung des Klimawandels gleich von mehreren Seiten unter Druck. Gesetzgeber haben die Konzerne oft besonders im Blick. Denn allein durch ihre Größe haben sie enorme Auswirkungen auf die Umwelt. Große Organisationen dürfen aber gleichzeitig auch ihre Investoren und Kunden niemals aus den Augen verlieren. Dazu gehört auch, das Markenbild in der Öffentlichkeit richtig zu positionieren.
Umweltbewusste Käufer verlangen von ihren Lieblings-Brands immer öfter einen Beitrag zur Rettung des Planten. Doch auch institutionelle Anleger haben Nachhaltigkeit als Kriterium für ihre Investitionen entdeckt. Als Folge weisen heute die meisten globalen Unternehmen Umweltschutz-Berichte aus. Um diese erstellen zu können, benötigen sie verlässlich Zahlen, beispielsweise zum CO2-Fußabdruck des gedruckten Marketing-Materials.
Klima-Krise wird Digitaldrucker noch länger als Corona beschäftigen
Bildunterschrift: Sortenreine Materialien lassen sich gut recyclen. Deshalb sollten Digitaldrucker im Kampf gegen die Klimakrise die Zusammensetzung ihrer Produkte überdenken. Foto: S. Angerer
Der Trend zur Nachhaltigkeit setzt die Druckbranche unter Zugzwang. Denn immer mehr Marken gehen schon heute dazu über, Druckereien auszulisten, die keine Umweltschutz-Zertifizierung vorweisen können. Zum Teil wird sogar ein Umweltschutz-Bericht verlangt. Gerade mittelständische Digitaldrucker tun sich damit sehr schwer, denn der Verwaltungsaufwand ist hoch.
Eine ganze Reihe von Drucker und Werbetechnikern haben in den letzten Jahren jedoch auch schon massiv in den Umweltschutz investiert. Häufige Maßnahmen sind etwa
- Umweltaudits nach ISO 14001
- Investitionen in erneuerbare Energie (Solar, Wärmepumpe)
- Maßnahmen zur Energieeinsparung bei Gebäuden und Maschinenpark
- Berechnung und Ausgleich des CO2-Fußabdrucks.
Wo der Fokus auf die Umwelt mit entsprechender Kommunikation flankiert wurde, konnten sich Druckereien oft besser am Markt positionieren. Zum Teil war es sogar möglich, Mehrkosten für Umweltmaßnahmen an den Kunden weiterzugeben. Durch den Einbruch in der Nachfrage nach Druckprodukten während der Corona-Krise dürfte es künftig deutlich schwerer werden, für umweltfreundliche Produkte einen Preisaufschlag durchzusetzen.
Zwei Krisen mit einer Klappe schlagen
„Reduce, reuse, recycle“, lautet ein Schlagwort im Umgang mit den natürliche Ressourcen, also in etwa „Vermindern, Weiterverwenden, Verwerten“. Tatsächlich könnte dieser Slogan aber ebenso gut das Leitbild für eine umfassenden Restrukturierung einer Digitaldruckerei während der COVID19-Krise sein.
Reduce: Materialeinsatz reduzieren, indem etwa die Auswahl an Bedruckstoffen gestrafft wird.
Reuse: Material möglichst mehrfach verwenden, z.B. bei Verbundplatten und Display-Rahmen.
Recycle: Sortenrein gesammeltes Altmaterial kann oft günstiger entsorgt werden.
Durch den sparsamen Materialeinsatz kann man also während des ganzen Produktionsprozesses in einer Digitaldruckerei wirksam sparen. Die Qualität des Endproduktes wird dadurch nicht beeinträchtigt. Das hilft der Marge ebenso wie der Umwelt.
Für eine solche punktgenaue Produktion ist allerdings ein umfassende Digitalisierung nötig. Für Digitaldrucker mag das vielleicht etwas seltsam klingen. Schließlich sahen sie sich jahrzehntelang als Speerspitze der Digitalisierung in der Druckindustrie.
Der Doppelschlag aus COVID19- und Klimakrise macht es allerdings nötiger denn je, hier ein neue Stufe zu zünden. Kosten- und materialeffiziente Produktion, die der Umwelt möglichst wenig schadet, benötigt umfassende Übersicht und Verzahnung wirklich aller Schritte. Das reicht von der Auftragsannahme über Lagerhaltung, Druck, Finishing, Qualitätssicherung, Logistik und Montage bis hin zu Rücknahme und Rechnungsstellung. Damit geht diese neue Stufe der Digitalisierung der Digitaldruckbranche weit über die reinen Produktions-Workflows hinaus, die in den meisten Unternehmen bereits seit Jahren installiert sind.
COVID19 als Chance für den Digitaldruck sehen
Angesichts der massiven Einbußen, die vielen Digitaldruckereien durch die Pandemie schon entstanden sind, kann man den Aufruf, die „Krise als Chance“ zu nutzen, leicht als zynisch abtun. Tatsächlich aber bietet die Pandemie mit ihren verminderten Arbeitsaufkommen tatsächlich auch eine einmalige Chance.
Denn im hektischen Tagesgeschäft blieb bisher so manche gute Idee zur Reorganisiation liegen. Die Einführung neuer Software im laufenden Betrieb erschien zu riskant. Jetzt ist die Zeit, Digitaldruckereien effizienter und umweltfreundlicher zu machen. Angebote wie die KfW-Corona Hilfe können die Finanzierung erleichtern. Vielleicht ist also die Pandemie die historische Chance für die Druckindustrie, auch im Kampf gegen die Klimakrise ein ganzes Stück voranzukommen.
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