Beschilderung

Digitale Beschilderung vs. gedruckte Beschilderung: Wer wird gewinnen?

by Sonja Angerer | 05.04.2024
Digitale Beschilderung vs. gedruckte Beschilderung: Wer wird gewinnen?

Digitale Beschilderung oder gedruckte Beschilderung – das Duell wird immer heftiger mit dem Fortschreiten der Technologien. Aktuelle Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz (KI) und Spatial Computing verändern die Lage nochmals. Was bedeutet das für Druckereien?

Digitale Beschilderung oder gedruckte Beschilderung – das Duell wird immer heftiger mit dem Fortschreiten der Technologien. Aktuelle Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz (KI) und Spatial Computing verändern die Lage nochmals. Was bedeutet das für Druckereien?

BILDUNTERSCHRIFT: Erregte viel Aufmerksamkeit: Gedruckte Beschilderung mit Neon-Farben auf dem Swissqprint-Stand auf der FESPA 2024. Foto: S. Angerer

Gedruckte Schilder sind seit Jahrhunderten ein fester Bestandteil der Werbelandschaft. Digitale Beschilderung hat dagegen in den letzten Jahrzehnten einen beispiellosen Aufschwung erlebt. Das war auch auf der European Sign Expo 2024 in Amsterdam zu sehen. Denn die Partner-Messe der FESPA Global Print Expo (19. bis 22.März 2024) bot erstmals eine Digital Signage Lounge mit einem Ausstellungs-Areal, das sich ganz auf Werbung auf Bildschirmen konzentrierte.

Vorteile von Digital Signage

Die Vorteile der digitalen Beschilderung liegen auf der Hand: Sie bietet dynamische Inhalte, die in Echtzeit aktualisiert werden können. Das bedeutet, dass Werbetreibende die Ansprache des Publikums, aber auch Sonderangebote oder Preise jederzeit verändern können. So kann man sogar auf unerwartete Ereignisse reagieren, wie etwa einen plötzlichen Regenguss. Wie wäre es mit einer kleinen Kaffeepause, bis sich der Schauer gelegt hat? Oder den Kauf eines neuen Regenschirms?

Digitale Beschilderung ist deshalb oft mit dem Internet verbunden. Das ermöglicht es, auf Datenbanken zuzugreifen, die beispielsweise das Wetter oder die Geschwindigkeit des Abverkaufs bestimmter Waren aufzeichnen. Längst gibt es außerdem Module, z.B. von Nexmosphere, die digitaler Beschilderung das Sehen beibringen. Denn die Software kann erkennen, welches Alter und Geschlecht die Person hat, die vor dem Bildschirm steht. Gut möglich, dass dazu künftig verstärkt künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt wird.

Im täglichen Betrieb verursacht Digital Signage zudem weitaus weniger Müll als gedruckte Beschilderung. Denn nach dem Ablaufen einer Kampagne müssen nicht erst viele Quadratmeter Papier, Folie oder Textil abmontiert und fachgerecht recycelt werden. Ein paar Klicks genügen, um neue Werbemotive auszurollen. Das vermindert auch die Belastungen der Mitarbeiter in Verkauf und Visual Merchandise. Denn diese müssen gedruckte Beschilderung oft über Nacht anbringen, damit die Kunden bei Ladenöffnung Werbung für die neuesten Produkte sehen.

Der technische Fortschritt hat vernetzte Digital Signage-Anwendungen zugänglicher und benutzerfreundlicher gemacht. Frühere Generationen von Public Displays erforderten spezielles technisches Wissen, während moderne Systeme einfacher zu installieren und zu warten sind.

BILDUNTERSCHRIFT: Auf Messeständen ist digitale Beschilderung nicht mehr wegzudenken. Foto: S. Angerer

Vorteile von gedruckter Beschilderung

Bedruckte Beschilderung ist am POS, in Innenräumen und in der Außenwerbung noch immer weit verbreitet. Das liegt an ihren vielen Vorteilen. Print-Werbung ist beispielsweise sehr kosteneffizient. Im Vergleich zu Werbeformen wie Fernseh- oder Radiowerbung ist Kreation und Produktion günstig und schnell.

Wenn es vor Ort entsprechende Wechselrahmen gibt, geht die Montage von Plakaten, Riesenpostern und Leuchtkästen-Bespannungen sehr schnell. Man benötigt dazu kein Fachpersonal, keinen Internet-Zugang und oft noch nicht einmal einen Stromanschluss. Deshalb sind Beschilderungen für Notausgänge oft in Leuchtfarbe gedruckt. Denn die funktionieren auch bei einem Stromausfall.

Weil sie sehr widerstandsfähig und dabei kostengünstig ist, eignet sich gedruckte Werbung auch für Standorte, an denen man verstärkt mit Vandalismus rechnen muss. Das kann etwa ein Viertel mit einem vielen Touristen, Clubs oder Bars der Fall sein. Wird ein Plakat verunstaltet oder zerstört, ist der Austausch im Vergleich zu einem neuen Bildschirm mit wesentlich weniger Aufwand verbunden.

Gedruckte Werbung kann man problemlos demontieren und entsorgen. Werbemittel auf Karton und Papier werden in Europa überwiegende mit dem Altpapier recycelt. Aber auch für textile und auf Folie gedruckte Werbung gibt es heute schon viele Möglichkeiten, sie vor Ort sortenrein wiederzugewinnen.

Gedruckte Werbung ist gewohnt und beruhigend. Das gefällt nicht nur älteren Menschen, die manchmal gegen Bildschirme Vorbehalten haben. Auch Personen für mit speziellen Bedürfnissen, etwa Sehbehinderte oder Passanten mit Aufmerksamkeitsstörungen, kommen mit statischen Inhalten oft besser zurecht. Auch auf Postern und Plakaten kann man ganze einfach die Möglichkeit zur Interaktion schaffen. Aufgedruckte QR-Codes führen Interessierte auf entsprechende Webseiten. Aber sie müssen dies aktiv wollen und ihr eigenes Smartphone darauf richten.

BILDUNTERSCHRIFT: Gedruckte, großformatige Beschilderung benötigt weniger Strom als ein gleich großer Bildschirm. Foto: S. Angerer

Nachteile von Digital Signage

Einer der Hauptnachteile von Bildschirmen ist die hohe Anfangsinvestition, die für die Installation und Wartung erforderlich ist. Zwar erwartet Mordor Intelligence, dass der europäische Digital Signage-Markt bis 2029 jährlich um knapp 11 % wächst.

Doch taugliche Bildschirme mit 40 Zoll oder mehr Diagonale können bei den europäischen Marktführern Samsung und LG immer noch um die 700 Euro pro Stück kosten. Hinzu kommen Gehäuse, Montage und natürlich Software zur Ansteuerung. Die massiv gestiegenen Strom- und Personalkosten haben in den letzten beiden Jahren zudem den laufenden Unterhalt erheblich verteuert.

Hinzu kommt, dass immer mehr Kunden Fragen zur Umweltbelastung durch Digital Signage stellen. Strom- und Ressourcenverbrauch, Abwärme und Lichtverschmutzung tragen zu einem massiven ökologischen Fußabdruck bei. Die Hersteller haben gerade erst angefangen, dieses Problem anzupacken. Zudem wird die Entsorgung von Elektroschrott oft noch immer unter unsicheren und unfairen Bedingungen im globalen Süden erledigt.

Auch die Abhängigkeit von technischer Infrastruktur birgt Risiken. Denn Systemausfälle oder Softwareprobleme können dazu führen, dass wichtige Informationen nicht angezeigt werden können. Datenschutz ist ebenfalls ein kritisches Thema, vor allem, wenn Digital Signage auch Tracking einsetzt. Viele Menschen fühlen sich dadurch in ihrer Privatsphäre verletzt.

Schließlich kann die ständige Aktualisierung der Inhalte einen erheblichen Zeitaufwand bedeuten. Weil Inhalte auf den Bildschirmen aktuell und relevant gehalten werden müssen, bindet die Pflege von Content-Management-Systemen für Digital-Signage in Unternehmen erhebliche Ressourcen. Diese fehlen womöglich an anderer Stelle und lenken von wichtigen Aufgaben ab.

BILDUNTERSCHRIFT: Auf der European Sign Expo (ESE) gab es 2024 einen Bereich speziell für Digital Signage. Foto: S. Angerer

Nachteile von gedruckter Beschilderung

Gedruckte Werbung, zum Beispiel Broschüren, Poster oder Aufsteller waren einst der Eckpfeiler der Werbeindustrie. Das ging so weit, dass die meisten Werbekampagnen mit Fokus auf Print-Produkte entworfen wurden, selbst wenn weitere Werbekanäle wie TV- oder Radio-Spots hinzukamen. Das hat sich gründlich geändert, und die Entwicklung hört nicht auf. Laut Statista soll der Umsatz mit gedruckter Werbung bis zum Jahr 2028 in Deutschland jährlich um knapp 3,7% sinken.

Der größte Nachteil von gedruckter Werbung ist ihre mangelnde Flexibilität. Denn einmal gedruckt, kann die Werbung nicht mehr aktualisiert oder geändert werden. Zwar kann man mit Hilfe von Digitaldruck personalisierte Mailings erstellen. Doch bei vielen anderen gedruckten Werbeformen ist keine flexible Anpassung an Empfängerkreis oder aktuelle Ereignisse möglich.

Darüber hinaus lässt sich die Werbewirkung bei gedruckter Kommunikation viel schwerer messen als bei digitaler und Online-Werbung. Werbekunden sind sich deshalb oft nicht sicher, ob sie ihre Zielgruppe überhaupt erreichen. Sie sorgen sich, dass vor allem jüngere Käufer gedruckte Werbung kaum wahrnehmen.

Hinzu kommt, dass die Kosten für Druck und Distribution im Vergleich zu digitalen Alternativen oft zunächst höher sind. Das gilt vor allem bei großformatiger und Außenwerbung. Denn diese muss oft von Fachkräften mit speziellen Werkzeugen und Maschinen montiert werden.

Die Umweltauswirkungen von gedruckter Beschilderung sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen, da Papierverbrauch und Abfallproduktion den ökologischen Fußabdruck von Unternehmen vergrößern. Werbemittel, die auf Papier und Pappe gedruckt wurden, lassen sich gut zu recyceln. Bei Riesenpostern auf Mesh oder Plane, Fahrzeugfolien oder auch Soft Signage ist das nicht so leicht möglich. Auch wenn die Branche inzwischen große Fortschritte auf dem Weg zum „Grünen Drucken“ gemacht hat.

Fazit: Wird gedruckte Werbung verschwinden?

Die Frage, ob Digial Signage oder gedruckte Werbung und Beschilderung das Rennen machen wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Darunter sind beispielsweise Zielgruppe, Standort, Zweck der Beschilderung und das Budget. Künstliche Intelligenz wird Marketing-Verantwortlichen künftig dabei helfen, große Datenmenge zu analysieren und ihre Entscheidungen unterstützen.

In einem sehr lebhaften und technologischen Umfeld, wie zum Beispiel in Einkaufszentren oder Flughäfen, ist die digitale Beschilderung klar im Vorteil. In ländlichen oder historischen Kontexten könnte gedruckte Beschilderung jedoch vorzuziehen sein. Sie verbraucht nach der Montage keine Energie mehr. Deshalb ist Gedrucktes für längerfristige Werbung besser geeignet, weil Energie und Rohstoffe eingespart werden.

Zukünftige Entwicklungen könnten allerdings dazu führen, dass sowohl digitale wie gedruckte Beschilderung an Bedeutung verliert. Zwar gibt es Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR)-Videobrillen schon seit Jahren. Doch Apple stellte im Juni 2023 mit „Vision Pro“ den ersten räumlichen Computer vor. Gut möglich, dass damit die Grundlage für eine breite Akzeptanz von Spacial Computing gelegt ist.

Vielleicht laufen wir alle in ein paar Jahren die meiste Zeit mit einer Brille auf der Nase herum? Dann bekommen Passanten Werbung und Kommunikation ortsbezogen auf ihrem eigenen Bildschirm angezeigt. Vielleicht gibt es dann sogar Werbeblocker, die echte Werbeschilder oder Werbebildschirme ausblenden.

Insgesamt lässt sich sagen, dass derzeit sowohl Digital Signage wie gedruckte Beschilderung ihre Daseinsberechtigung haben. Zumindest mittelfristig werden sie wahrscheinlich nebeneinander bestehen. Der "Gewinner" dieses Duells wird also nicht eindeutig sein, sondern von den Bedürfnissen und Vorlieben der Nutzer und Anbieter abhängen. Für die Werbeindustrie wie für Druckdienstleister wird die Kunst wird darin liegen, das Beste aus beiden Welten zu kombinieren und die Vorteile beider Beschilderungsformen optimal zu nutzen.

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