Haltbarkeit im Außenraum für LFP: Ändert der Klimawandel alles?
Im Großformatdruck (LFP) ist die Haltbarkeit im Außenraum immer wieder Thema. Das gilt besonders für Dauer- und Imagewerbung sowie für Folierungen. Doch die Klimabedingungen ändern sich. Was bedeutet das für Druckdienstleister?
Eigentlich sind die Basics seit mindestens einem Jahrzehnt klar. Digitaldrucke mit Eco Solvent- und Latex-Farben überdauern im Außenraum etwa 3 Jahre. Bei Hard Solvent und UV-härtende Tinten kann man mit 3-5 Jahren rechnen. Wer mit dem passenden Laminat oder Lack zusätzlichen Schutz aufbringt, ist bei Letzteren bis zu 7 Jahre auf der sicheren Seite. Richtig?
Falsch. Tatsächlich griffen diese scherenschnittartigen Einschätzungen immer schon zu kurz. Denn Außenhaltbarkeit von digitalen Werbedrucken kann sehr vieles bedeuten. Im Vordergrund steht meist die Frage nach der Lichtechtheit von Druck und Druckmedium: wie lange dauert es, bis ein Motiv als merklich verblasst wahrgenommen wird? Wann vergilbt das Substrat?
Doch es gibt viele weitere Kriterien. Wenn ein Druck Risse oder Blasen bekommt, Form oder Größe verändert, abfällt oder sich untrennbar mit dem Untergrund verbindet, dann bezeichnen ihn wohl die meisten Auftraggeber, aber auch normale Passanten als „kaputt“. Je nach Materialkombination kann dies passieren, erst lange nachdem der Druck selbst unansehnlich geworden ist. Oder auch sehr viel früher. Hier geht es in der Materialprüfung um die „Wetterechtheit“.
Die Außenhaltbarkeit von LFP-Drucken und Beschilderung hängt von vielen Faktoren ab. Und mit dem Klimawandel wird es noch schwieriger, sie exakt zu bestimmen. Foto: S. Angerer
Klimaeinflüsse auf Großformatdrucke
Seitdem digital sich als vorherrschende Drucktechnologie durchgesetzt hat, wird sehr viel weniger über die Haltbarkeit der verwendeten Tinten diskutiert. Das liegt zum einen an den enormen Verbesserungen in der Tintenchemie. Denn dadurch können Siebdruck und Offsetdruck nicht mehr automatisch die bessere Haltbarkeit im Außenraum für sich reklamieren. Zum anderen hat sich die Werbelandschaft geändert. Kaum mehr ein Firmenschild, selten nur noch eine Imagewerbung, die unverändert über Jahrzehnte beibehalten wird: vielfach werden Digitaldruckprodukte abgebaut, lange bevor sie ihr Lebensende im Außenraum erreicht haben.
Gut möglich allerdings, dass die Diskussion in den kommenden Jahren wieder auflebt. Denn für ihre Haltbarkeitsversprechen legen Anbieter von Drucksubstraten in der Regel nord- oder mitteleuropäisches Klima zu Grunde. Und das ist im Wandel.
Meist werden Haltbarkeiten von Digitaldrucktinten und -substraten nur für Nord- und Mitteleuropa angegeben. In anderen Klimazonen können sie dramatisch anders ausfallen. Foto: Sonja Angerer
Faktoren für die Haltbarkeit von LFP im Außenraum
Das Klima in Europa hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Laut deutschen Wetterdienst stiegen die Sonnenstunden beispielsweise in Deutschland in der Referenzperiode 1991 bis 2020 um knapp 8%. Hinzu kommen allein in Deutschland massive regionale Unterschiede: Rheinfelden im äußersten Südwesten Baden-Württembergs als sonnenreichste Ort Deutschlands konnte sich im langjährigen Mittel über fast 700 Stunden mehr schönes Wetter pro Jahr freuen als Schlusslicht Glücksburg-Meierwik. Länge und Intensität der UV-Strahlung im Sonnenlicht sind aber ein entscheidender Faktor bei der Alterung von Drucken.
Hinzu kommt die laut Statista wachsende Zahl an Stark- und Extremwetter-Ereignissen. Also beispielsweise Sturm, Hagelschlag, Hitzewellen oder starker Frost. Denn auch mechanische Belastung hat einen starken Einfluss auf die Haltbarkeit von Digitaldrucken.
Ein weiterer, wichtiger Faktor liegt in den Chemikalien, denen der Druck ausgesetzt ist. Das können aufgetragene Reinigungsmittel sein, aber auch Luftschadstoffe. Letztere sind in Europa zwar zurückgegangen. In Ballungsräumen ist aber die Belastung gerade durch Feinstaub immer noch enorm hoch. Das ist nicht nur sehr ungesund für Mensch und Tier, sondern beeinflusst auch die Lebensdauer von draußen angebrachten Drucken.
Wie stark ein Druckprodukt von Witterungseinflüssen mitgenommen wird, hängt aber auch vom Substrat ab. Papiere und Karton kommen im Außenraum schlecht mit Nässe zurecht. Trockene Hitze und Kälte stecken zellstoffbasierte Untergründe sowie Non-Woven-Material dagegen meist gut weg, weil sie sich bei Temperaturunterschieden nicht so stark in der Größe verändern.
Bei Kunststoffsubstraten kommt es stark auf das verwendete Material an. Bannermaterial und Folien aus PVC gelten als extrem robust. Bei vielen neuartigen Bio-Kunststoffen, aber auch Material mit hohem Recycling-Anteil fehlen dagegen noch Langzeiterfahrungen.
Die Wollskala gilt als anerkanntes Verfahren für die Prüfung der Lichtechtheit von Druckfarben und -tinten. Foto: Wolljuergen, eigenes Werk, Copyrighted free use, via Wikimedia Commons
Messungen zur Haltbarkeit von LFP-Drucken
Um die Außenhaltbarkeit von Druckprodukten exakt bestimmen zu können, testet man die Lichtechtheit der Tinten mit der Wollskala, auch Blauwollskala genannt. Das Verfahren stammt bereits aus dem 19. Jahrhundert und berücksichtigt ausschließlich die Einwirkung von Licht ohne direkten Einfluss der Bewitterung. Heute kommt für das Testverfahren nach DIN 54004 Xenonlicht zum Einsatz. Bei Wollskala 7 und 8 geht man von einer sehr guten Lichtechtheit aus.
Wenn Tinten oder Farben unterschiedliche Wollskalen (WS) haben, gilt bei Mischfarben stets die geringste Stufe, denn die weniger haltbare Farbe bleicht schneller aus und verändert dadurch den Gesamtton.
Hersteller von Folien anderen Substraten bestimmen die Wetterechtheit ihrer Druckmedien durch Bewitterungstests. Diese berücksichtigen neben Strahlung auch Einflüsse durch Feuchtigkeit, Temperatur und Temperaturwechsel, sowie Industrieabgase und weitere atmosphärische Bestandteile wie Salze.
Bewitterungstests können im Freiland oder unter Laborbedingungen durchgeführt werden. Vielfach geben Hersteller von Druckmedien allerdings keine Normen oder Prüfszenarien an, wenn sie ihre Substrate in Leistungsstufen einordnen, sondern verweisen auf „nord- und mitteleuropäische Bedingungen“. Inwieweit dies die klimatischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte bereits berücksichtigt, lässt sich deshalb nicht beziffern.
Typische Leistungsstufen bei Digitaldrucksubstraten für den Außenraum sind kurzfristig (bis ca. 6 Monate), mittelfristig (2-3 Jahre) sowie langfristig (5 Jahre oder mehr). Premium-Folien wie Orafol Oracal 852, Avery Dennison SP 1504, Spandex ImagePerfect 2520PA oder die 3M IJ180mC-Palette bieten unbedruckt eine Außenhaltbarkeit von bis zu 10 Jahren.
Außenhaltbarkeit in der Praxis
Hersteller von Tinten und Drucksubstraten prüfen oft nur ihr eigenes Produkt auf Außenhaltbarkeit. Das bedeutet, dass sich durch das Auftragen von Druckfarbe- oder tinte, Lackierung, Laminierung, Leim oder Klebefolie, kaschieren und folieren noch deutliche Abweichungen nach oben oder unten ergeben können.
Auch der Standort des Druckprodukts kann einen massiven Einfluss auf die Außenhaltbarkeit haben: wird es horizontal, vertikal oder in einem Winkel montiert? Auf einer Bergstation, Landungsbrücke oder in einem schattigen Wäldchen im Tiefland? Ist ein beklebtes Fahrzeug nur in Nord- und Mitteleuropa unterwegs? Oder befährt es regelmäßig auch Straßen in Südeuropa oder rund ums Mittelmeer? Spanien und Italien meldeten in den letzten Jahren immer wieder neue Temperaturrekorde. Man muss wohl davon ausgehen, dass derartige Wetterextreme bei den Schätzungen zu Licht- und Wetterechtheit von Digitaldrucken noch nicht eingepreist sind.
Für Druckdienstleister, die beispielsweise beim Folieren größerer Flotten zum Teil umfangreiche Garantien abgeben müssen, kann das zum Problem werden. Sie haben die Möglichkeit, individuelle Bewitterungstests, beispielsweise nach DIN EN ISO 4892-2, in zertifizierten Labors in Auftrag zu geben.
Alternativ gibt es Hersteller-Garantiesysteme wie 3M MCS sowie Avery ICS. Sie gelten allerdings nur für bestimmte Produkt- und Druckerkombinationen. Zudem müssen Verarbeiter weitere Bedingungen wie etwa Zertifizierungen erfüllen.
Wie sichern sich Druckdienstleister in puncto LFP-Außenhaltbarkeit ab?
Digitaldruckereien und Werbetechniker müssen wohl damit rechnen, dass höhere Temperaturen, mehr Sonnentage, Kälteperioden, Starkregen und Sturm die Haltbarkeit von Digitaldrucken im Außenraum künftig stärker beeinträchtigen. Das kann durchaus zu mehr Aufträgen führen, weil Druckprodukte häufiger ersetzt werden müssen.
Allerdings werden wahrscheinlich auch Kundenbeschwerden zunehmen. Denn Werbetreibende werden es nicht unwidersprochen hinnehmen, wenn Plakate oder Verklebungen schneller als gewohnt unansehnlich werden.
Druckereien müssen deshalb womöglich nach Rücksprache mit ihren Lieferanten auf höherwertige Folien und haltbarere Tintentechnologien umstellen. Allerdings dürfte dies die Produktpreise nach oben treiben. Parallel sollten Unternehmen ihre AGBs entsprechend anpassen und Bedingungen für Haltbarkeitsgarantien präzisieren oder notfalls ganz streichen.
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