Siebdruck in der Kunst: Reproduktion auf höchstem Niveau
Siebdrucke sind aus der Kunst nicht mehr wegzudenken. Das war nicht immer so. Was ist Serigraphie, und welche Zukunftschancen bietet sie für Druckereien?
Wer heute an Siebdruck-Kunst denkt, dem fallen sofort Andy Warhol und Roy Lichtenstein ein. Denn die Künstler haben entscheidend dazu beigetragen, diese Technologie ins Museum zu holen. Erst in den 1940er Jahren wurde Siebdruck in Europa populär, obwohl er vor allem in Asien schon seit Jahrhunderten praktiziert wurde. Auch in den USA wurde Siebdruck schon zwischen den beiden Weltkriegen für Werbeplakate eingesetzt. Als die Pop-Art- und Op-Art-Bewegungen den Siebdruck zur Reproduktion und Herstellung von Kunst entdeckten, galt er als modernes High-Tech-Verfahren. Ob Siebdruck auch Kunst sein könnte, darüber wurde damals vehement gestritten.
Links: Serigrafie «Das Wichtige ist nicht immer wichtig» von Adi Holzer aus dem Jahr 1976, Rechts: „Coloured Su“ N° XXX bis XXXVIII, Detlef Hansen, 1984. Fotos: Adi Holzer, Attribution, und Detlefhansenfoto, CC BY-SA 4.0, beide via Wikimedia Commons
Serigraphie, Siebdruck und weitere Druckverfahren
Bis in die 1940er hinein wurde Siebdruck in Europa allgemein als „Serigraphie“ bezeichnet. Das Wort setzt sich aus lateinisch „sericus“, also „seiden“ und griechisch „graphein“ für „schreiben, aufzeichnen“ zusammen. Das liegt daran, dass die Siebe früher mit echter Seide bespannt waren. Heute versteht man unter „Serigraphie“ Kunstreproduktionen im Siebdruck-Verfahren. Der Ausdruck grenzt die Kunstblätter von solchen ab, die im Digital- oder Steindruck hergestellt werden. Letztere nennt man „Lithographie“, während für digital reproduzierte Kunst viele Ausdrücke existieren, darunter „Fine Art Print“ oder „Giclee“-Print. Ein „C-Print“ meint dagegen einen Kunstdruck, der im klassischen fotografischen Verfahren hergestellt wurde.
Siebdruck ist als vollflächiger und Rasterdruck möglich. Für die bildende und grafische Kunst bevorzugte man lange Zeit den Vollfarb-Druck. Künstler wurden dabei ermutigt, das Motiv von Hand auf das Sieb zu übertragen. Damit sollten die Serigraphien den Status eigenständiger künstlerischer Werke erlangen. Reiner Rasterdruck wurde dagegen als fotografische Reproduktion wahrgenommen. Künstler, die heute den Siebdruck nutzen oder nutzten, wie etwa Damien Hirst oder James Rizzi, lassen sich von solchen Konventionen aber nicht einschränken.
Geblieben aber ist die Tradition, dass die Druckvorlagen für Serigraphien vernichtet werden sollen, sobald die gewünschte Anzahl von Siebdrucken erreicht ist. Auch werden Künstler-Siebdrucke oft nummeriert und signiert. So lassen sich deutlich höhere Preise erzielen. Beigefügte Zertifikate bescheinigen, dass es sich um einen Originaldruck handelt.
Künstler-Siebdrucke werden oft auf Handdruck-Maschinen hergestellt. Man kann sie aber auch auf marktüblichen Halb-, Dreiviertel- und Vollautomaten produzieren. Denn eine verfahrenstechnische Trennung zwischen gewerblich-industrieller und künstlerischer Anwendung bestand im Siebdruck nie.
Siebdruck-Kunst kann man beim Portal Catawiki schon für wenig Geld bekommen. Einzelne Künstler erzielen aber auch Preise von mehreren tausend Euro.
Fine Art, Kunst und Markt
Als analoges Druckverfahren benötigt der Siebdruck Vorlagen, in diesem Fall Siebe. Das macht das Verfahren recht aufwendig, vor allem, wenn mit mehreren Farben gedruckt wird. Vielfach werden für Serigraphien acht und mehr Farben verwendet. Das macht Kunst-Siebdrucke teuer in der Herstellung. Nicht immer können im Verkauf die Kosten für die Kleinserien wieder eingespielt werden. Im Kunstmarkt-Portal Catawiki kann man selbst signierte Siebdrucke recht bekannter Künstler für kleines Geld erwerben.
Oft weichen Künstler und Galerien deshalb heute auf „digitalen Siebdruck“, also Digitaldruck aus. Die Vorteile liegen auf der Hand. Je nach verwendeter Tinte kann wie im Siebdruck auf einer Vielzahl von Untergründen gedruckt werden. Das reicht von Foto- und Kunstdruckpapier bis hin zu Bütten, Leinwand, Acryl, Metall oder Holz. Da keine Vorlagen erstellt werden müssen, ist ein Fine-Art-Digitaldruck dadurch deutlich günstiger und ohne Mindestbestellmenge zu produzieren. Mit speziellen Fine-Art-Papieren, z.B. von Hahnemühle und archiv-festen Tinten, z.B. Epson Ultrachrome, halten auch digital gedruckte Kunstabzüge jahrzehntelang.
Der Siebdruck kann seine allgemeinen technischen Vorzüge aber auch bei der Serigraphie ausspielen. So können in dem Verfahren eine Vielzahl von unterschiedlichen Farben und Fluiden aufgebracht werden. Diese lassen sich in unterschiedlichen Schichtdicken auf nahezu beliebiges Material drucken. Dadurch sind Halbreliefs, aber auch vollflächige und partielle Drucklackierungen, Lasuren und Oberflächenstrukturen möglich. Sind die Vorlagen erst einmal erstellt, kann man damit auch weitere Produkte mit dem Künstlermotiv bebildern, beispielsweise T-Shirts.
„Fanti Village, Liberia“, signierter Rastersiebdruck von Detlef Hansen, 1987. Foto: Detlefhansenfoto, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Zukunftsaussichten für Siebdruck in der Kunst
Der künstlerische Siebdruck hat immer leidenschaftliche Kunsthandwerker angezogen, wie etwa den FESPA-Mitgründer Michael Caza. Oft prägen sie durch ihre Arbeit die Sicht auf das Werk des Künstlers mit. Meist sind es deshalb spezialisierte Unternehmen, die sich der Kunst des Kunst-Siebdrucks verschrieben haben. Andere, wie etwa die Stainer Schriften und Siebdruck GmbH im österreichischen St. Martin bei Lofer, haben zwar eigene Abteilungen für Serigrafie. Sie bieten aber auch branchenübliche Standard-Produkte wie Digitaldruck-Anwendungen und Fahrzeugverklebung an.
Serigrafien und Kunst-Reproduktionen eignen sich daher vor allem für Firmen mit tiefen Wurzeln im handwerklichen Siebdruck. Denn hier ist sehr viel Erfahrung und Geschick gefragt. Zusätzlich sollte man bereits Verbindungen zu Künstlern und dem Kunstmarkt haben.
Mit bekannten Künstlern kann man so gute Geschäfte machen. Oft bleiben diese einem einmal gefundenen Serigrafie-Partner jahrelang treu. Doch auch das Geschäft mit Nebenerwerbs-, lokalen und Hobbykünstlern sollte man beim künstlerischen Siebdruck nicht aus den Augen verlieren. Oft sind die Auftraggeber solcher Projekte viel weniger preissensitiv. Zudem sind derartige Aufträge kaum konjunktur- und trendabhängig. Insgesamt kann man also sagen, dass Siebdruck und Kunst auch künftig ein gutes Team bilden werden, und einen spannenden Markt für Spezialisten darstellen.
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