Zukunftsperspektiven: Siebdruck oder Digitaldruck?
Siebdruck und Digitaldruck sind zwei gängige Druckverfahren in der Werbetechnik. Doch welche Unterschiede gibt es zwischen den beiden Verfahren, welche Vor- und Nachteile haben sie, und womit lässt sich künftig Geld verdienen?
Lange Zeit schien klar: Digitaldruck wird die meisten analogen Druckverfahren ersetzen. Und tatsächlich hat der Digitaldruck in den letzten 30 Jahren enorme Lauflängen übernommen, die früher im Siebdruck produziert wurden. Inzwischen scheint diese Entwicklung aber weitgehend zum Stillstand gekommen zu sein. Daher wird es Zeit, das Verhältnis von Sieb- und Digitaldruck neu zu bewerten.
In diesem Artikel erkläre ich
- wie Sieb- und Digitaldruck funktionieren
- für welche Anwendungen sie zum Einsatz kommen
- wo derzeit zukunftsträchtige Anwendungen für den Siebdruck und Digitaldruck zu finden sind
- welche Zukunftsaussichten es für den Siebdruck und den Digitaldruck gibt.
BILDUNTERSCHRIFT: Manueller Siebdruck mit Neonfarben auf einem Folklorefestival in den USA. Foto: Elvert Barnes - 11a. Monky.Chicha.Peru.SFF.WDC.5July2015, CC BY-SA 2.0
Siebdruck und Digitaldruck: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Siebdruck
Beim Siebdruck handelt es sich um ein analoges Druckverfahren, bei dem die Druckvorlage (Schablone) auf ein Netzmaterial aufgetragen wird. Erste Vorläufer der Technologie wurde bereits im frühen Mittelalter in China und Japan eingesetzt. In Zentraleuropa erlebte der Siebdruck nach dem zweiten Weltkrieg einen enormen Aufschwung.
Beim Siebdruck wird die Farbe mit Hilfe eines Gummirakels durch das Sieb gedrückt und bleibt nur an den Stellen haften, die nicht von der Schablone bedeckt sind. So entsteht das gewünschte Motiv. Pro Farbe benötigt man beim Siebdruck eine eigene Schablone. Dies gilt unabhängig davon, ob mit einem Farbraster, Volltönen, Effektlacken oder Kombinationen daraus gearbeitet wird. Das macht den Siebdruck aufwendig und teuer bei kleinen Auflagen.
Wenn sich die Kosten für die Druckvorlagen auf eine große Lauflänge verteilen, ist der Siebdruck allerdings fast konkurrenzlos günstig. Das liegt daran, dass Siebdruckfarben auf dem Weltmarkt günstig zu haben sind. Anders als Digitaldrucktinten können Siebdruckfarben für jede Maschine mit der entsprechenden Technologie eingesetzt werden, unabhängig vom Hersteller der Hardware. Mit Siebdruck lassen sich sehr dicke Farb- und Lackschichten erzielen, die dadurch ausgesprochen haltbar sind.
Digitaldruck
Der Digitaldruck ist ein modernes Druckverfahren, bei dem ein digitales Bild direkt auf Papier, Stoff oder andere Materialen gedruckt wird. Die ersten Inkjet-Drucker wurden in der 2. Hälfte der 1970er-Jahre gezeigt. Ähnlich wie beim Digitaldruck auf Toner-Basis, der bereits Anfang der 1970er Jahre begann, waren die Geräte vor allem für typische Büroaufgaben gedacht. Deshalb wurde zunächst vorwiegend auf Einzelblätter in Formaten wie DIN A4 gedruckt.
Die ersten zuverlässigen, großformatigen Digitaldrucker kamen kurz vor der Jahrtausendwende auf den Markt. Sie verdrängten im grafischen Gewerbe nicht nur den Siebdruck weitgehend, sondern bald auch weitere analoge Verfahren wie das Großfoto.
Denn der Digitaldruck ist sehr flexibel und schnell bei kleinen Auflagen. Im Vergleich zu Siebdruck und klassischer Fotobelichtung benötigt er weniger Strom und Chemikalien vor Ort. Denn die Schichtstärke im Digitaldruck ist sehr gering.
Im Vergleich zum Siebdruck sind Inkjet-Drucke deshalb im Freien oft weniger haltbar, obwohl das stark von der Tintenformulierung abhängt. Der Digitaldruck kann heute auch in mittleren Auflagen ähnlich preisgünstig sein wie der Siebdruck, allerdings lassen sich sehr hohe Auflagen im Siebdruck bis heute günstiger realisieren.
Großformatige Digitaldrucker für Werbetechnik und Beschilderungen sind in den vier Prozessfarben, CMYK und Weiß, teilweise auch für erweiterte Farbräume zu haben. Es gibt jedoch nur wenige Sonderfarben für Inkjet-Maschinen auf dem Markt. Viele Hersteller bieten inzwischen Hardware an, mit der man Drucke ganz oder teilweise lackieren und sogar erhabene Strukturen erreichen kann.
Effektlacke oder Pasten können mit handelsüblichen Digitaldruckern für Werbetechnik und Beschilderungen nicht verwendet werden. Die empfindlichen Druckköpfe benötigen Fluids, die speziell auf die Maschine abgestimmt sind. Deshalb ist die Auswahl von Lieferanten für Verbrauchsmaterial für Inkjet-Drucker wesentlich kleiner.
Bildunterschrift: Großformat-Tintenstrahldrucker haben in der Vergangenheit dem Siebdruck und der Fotografie viele Aufträge abgenommen. Foto: Smokeonthewater – Eigene Arbeit, CC BY-SA 4.0,
Anwendungsmöglichkeiten für Sieb- und Digitaldruck
Siebdruck eignet sich besonders für Produkte, die eine hohe Farbintensität, Haltbarkeit und Wiederholbarkeit erfordern. Zudem können mit gängigen Siebdruckmaschinen für die grafische Industrie auch einzelne industrielle Anwendungen wie etwa das Auftragen von einfachen Leitungspasten realisiert werden.
Zu den Produkten, die mit grafischem Siebdruck hergestellt werden, gehören:
- T-Shirts, Sweatshirts, Taschen und andere Textilien
- Poster, Plakate, Aufkleber und andere Papierprodukte
- Kunstreproduktionen
- Schilder, Banner, Fahnen und andere Werbematerialien
Digitaldruck eignet sich besonders für Produkte, die eine hohe Detailgenauigkeit, Flexibilität und Individualisierung erfordern. Zu den Produkten, die mit Digitaldruck hergestellt werden können, gehören:
- Fotobücher, Kalender, Karten und andere personalisierte Produkte
- Broschüren, Flyer, Kataloge und andere Informationsmaterialien
- Etiketten, Verpackungen, Aufkleber und andere Produktkennzeichnungen
- Kunst- und Fotoreproduktionen
- Tapeten, Leinwände, Wandbilder und andere dekorative Produkte
- Immer häufiger gehen Druckdienstleister dazu über, Sieb- und Digitaldruck zu kombinieren. So lassen sich etwa große, einfarbige Flächen oder weißer Unterdruck mit Hilfe des Siebdrucks kostengünstiger und oft sogar in höherer Qualität als im Digitaldruck realisieren. Auch für die Vorbehandlung von Flächen (primern) sowie die vollständige oder teilweise Drucklackierung sind Siebdruckanlagen unverzichtbar.
BILDUNTERSCHRIFT: Siebdruck auf Stretchtextilien für Badebekleidung. Foto: JdessaintBM – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0
Zukunftsaussichten für den Sieb- und Digitaldruck
Die Rivalität zwischen Siebdruck und Digitaldruck ist in vielen Druckereien heute Geschichte. Auch die Käufer von Druckprodukten sind nicht mehr auf eine bestimmte Technologie festgelegt. Für sie steht zumeist die Applikation sowie der Preis im Vordergrund. Für welche Unternehmen und Geschäftsbereiche ist also Siebdruck besser geeignet, und wo liegt der Digitaldruck vorne? Das hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Auflage
- Budget
- Design
- Haltbarkeit.
Im Allgemeinen gilt: Siebdruck ist besser für große Auflagen mit wenigen Farben und einfachen Designs geeignet. Er bietet eine hohe Qualität und eine lange Haltbarkeit zu einem günstigen Preis. Der Digitaldruck liegt bei kleinen Auflagen in Fotoqualität und komplexen Designs weit vorne. Er ermöglicht hohe Flexibilität und schnelle Lieferung.
Allerdings sind sehr hohe Auflagen im Siebdruckverfahren günstiger, wenn das Design für die Technologie geeignet ist. Denn personalisierte Produkte oder Motive ohne Rapport sind im Siebdruck nicht möglich. Es gibt aber auch Anwendungen, die im grafischen Digitaldruck bisher nicht befriedigend umsetzbar sind, etwa Duft- und Effektlacke, Hochglanz-Metallic-Effekte oder Rubbelflächen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Siebdruck und Digitaldruck beide ihre Vor- und Nachteile haben. Für Digitaldruckereien und Werbetechniker kommt es deshalb mehr denn je darauf an, ohne Vorurteile die Fortschritte beider Technologien im Auge zu behalten und in Maschinen zu investieren, die Applikationen ermöglichen, die ihre Kunden lieben. Denn auf die Anwendung kommt es heute wesentlich mehr an als auf die die Frage „analog oder digital?“.
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