Grüner drucken mit Selbstklebefolie
Die Druckindustrie unternimmt enorme Anstrengungen, um nachhaltiger zu werden. Grüne Selbstklebefolie ist dabei ein wichtiger Faktor. Wie druckt man umweltschonend auf Folien?
Wie steht es um die SK-Folie und den Umweltschutz? Die Antwort ist nicht einfach, denn die beiden sind nicht immer gut miteinander vereinbar. Aber für viele Bereiche in Digitaldruck und Werbetechnik sind Klebefolien unverzichtbar, etwa für Fenster- und Bodengrafiken oder Fahrzeugverklebung. Deshalb machen sie in vielen Druckereien zwischen 25 und 33 Prozent des bedruckten Materials aus. Worin besteht eigentlich genau die Herausforderung bei grüner Selbstklebefolie und welche Möglichkeiten haben Druckdienstleister, um sie zu bewältigen?
Folien und das PVC-Problem
Die meisten Kunststoffe, die in Deutschland und weltweit verwendet werden, wie Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polyvinylchlorid (PVC oder Vinyl), basieren auf fossilen Rohstoffen. Das Umweltbundesamt warnt vor allem vor PVC. Denn dieser Kunststoff kann bei der Verbrennung giftiges Dioxin freisetzen.
Nach einer vom Branchenverbänden PlasticsEurope und Vinyl Plus in Auftrag gegebenen Studie werden fast 70% des Post-Consumer-Abfallaufkommens von PVCs in Deutschland „thermisch verwertet“, also verbrannt.
PVC enthält außerdem Weichmacher, die leicht in die Umwelt eingetragen werden, sie können auch beim Menschen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Trotzdem werden viele Folien für den Digitaldruck auch heute noch aus PVC hergestellt.
Denn PVC kann günstig und mit vergleichsweise geringem Energieeinsatz produziert werden. Es ist vielfältig verwendbar und auch unter ungünstigen Bedingungen zu stabil. Im Digitaldruck kommt noch ein besonders wichtiger Faktor hinzu. Denn angesichts der weiten Verbreitung von PVC-haltigen Drucksubstraten sind viele Druckköpfe und Tinte für den Druck auf PVC optimiert.
BILDUNTERSCHRIFT: Für viele Aufträge im Digitaldruck sind Selbstklebefolien unverzichtbar. Geht das auch in Grün? Foto: S. Angerer
Alternative Selbstklebefolien, Liner und Kleber
Bei vinylfreien Alternativen, etwa der Spandex Image Perfect EverGreen-Serie, kommt statt PVC oft Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PET) zum Einsatz. Manchmal nutzen Hersteller für grüne Selbstklebefolie auch Kunststoffe, die aus erneuerbaren oder bereits recycelten Rohstoffen hergestellt werden.
Selbstklebefolien bestehen aus mindestens drei Komponenten: Trägermaterial, Kleber und Abdeckpapier (Liner). Das Basismaterial wird häufig zusätzlich behandelt, etwa mit einer Tintenaufnahmeschicht. Bei flammhemmenden Folien nach EN 13501-1:2019 wie etwa GreenFilm 100 PP LUVESS M W ultra tack air adh FR von Com2C muss ebenfalls eine entsprechende Beschichtung aufgetragen werden.
Während Liner, typischerweise ein silikonbeschichtetes Papier, vor allem für mehr Müll im Unternehmen sorgt, kann sich lösemittelhaltiger Kleber auf SK-Folien zudem zum Problem für Verarbeiter und für den Planeten entwickeln. Denn leicht volatile Lösemittel (VOCs) gelten als gesundheitsgefährdend. Sie tragen außerdem dazu bei, die Ozonschicht weiter zu schädigen.
Avery Dennison hat deshalb den patentierten, lösemittelfreien Klebstoff iA Tech auf den Markt gebracht. Er verbraucht weniger fossile Rohstoff als derzeit genutzte Kleberformulierungen für selbstklebende Druckmaterialien. Das Produkt wird bereits für die 777 Cast Film-Serie einsetzt.
BILDUNTERSCHRIFT: Die grüne Selbstklebefoie Igepa MasterJet E 200 Trend kommt ohne PVC aus. Foto: Igepa
Grüne Selbstklebefolie und Recycling
Damit man Rohstoffe wiedergewinnen kann, müssen sie möglichst frei von Farbe oder Tinte sowie sortenrein sein. Bei der Verwendung von Selbstklebefolien im Digitaldruck ergeben sich damit drei grundsätzlich Problemfelder:
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Deinking
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Verbundwerkstoffe
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Sammlung
Je nach Formulierung verhält sich Digitaldrucktinte auf einem Kunststoffuntergrund verschieden. So dringt lösemittelhaltige und Eco-Solvent-Tinte ein Stück weit in das PVC ein. Das macht den Druck wetterbeständig und vermindert Weißbruch. Latex-Tinten polymerisieren auf der Oberfläche, UV-härtende Tinten vernetzen sich. Im Ergebnis sind die Drucke untrennbar mit dem Substrat verbunden. Die Farben können also mit den derzeit gebräuchlichen Deinking-Methoden nicht entfernt werden.
Für viele gängige Anwendungsbereiche wie etwa Fahrzeugverklebung oder Bodengrafiken müssen digital bedruckte Selbstklebefolien mit einem Schutzlaminat versehen werden. Produkte aus mehreren, nicht leicht trennbaren Materialien gelten als Verbundwerkstoff. Sie werden in Müllverbrennungsanlagen oder auf der Deponie entsorgt.
Produktionsabfälle und demontierte Folien müssen nach Trägerfolie getrennt gesammelt und gekennzeichnet werden, damit eine sortenreine Aufarbeitung lohnend ist. Für Druckereien, Montage-Mitarbeiter und Werbekunden bedeutet das einen erhöhten Aufwand. Hinzu kommt, dass es selbst für Fachleute schwierig sein kann, das Basismaterial richtig zu bestimmen, wenn die entsprechende Information nicht mehr vorliegt.
BILDUNTERSCHRIFT: Die PVC-freie Selbstklebefolie ImagePerfect EverGreen 9500 von Spandex kann bis zu fünf Jahre lang im Außenraum überdauern. Foto: Spandex.
Was können Druckdienstleiter tun, um grüner zu drucken?
Die komplexe Sachlage allein beim Folienmaterial kann dazu führen, dass sich Dienstleister beim Thema „grüner drucken“ überfordert fühlen. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, grüne Selbstklebefolien zu produzieren.
Denn allein die Verwendung eines PVC-freien oder auf Recycling-Material beruhenden Substrates macht noch keine nachhaltige SK-Folie. Dies gilt besonders, weil lokale oder gewerbliche Entsorger und ihre Fähigkeiten, Rohstoffe zu trennen und aufzuarbeiten sehr unterschiedlich sein können.
Es gibt jedoch ein paar relativ einfach umsetzbare Maßnahmen, die einen erheblichen Unterschied machen können:
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Auf PVC verzichten, wo dies möglich und sinnvoll ist
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Energieeffiziente Druck- und Weiterverarbeitungsmaschinen nutzen
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Logistik-Wege und Verpackungen minimieren
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Müll und Ausschuss beim Produzieren vermeiden.
Eine weitere, oft übersehene, aber sehr effektive Maßnahme ist die Nutzung von passendem Laminat. So lässt sich vermeiden, dass noch mehr schlecht recyclingfähige Verbundwerkstoffe produziert werden. Inzwischen gibt es auch für grüne und PVC-freie Selbstklebefolien wie Igepa MasterJet Trend oder 3M Envision Print Wrap Films passendes Schutzlaminat.
Letztlich werden bedeutende Fortschritte für mehr Nachhaltigkeit im SK-Foliendruck aber nur möglich sein, wenn alle Lieferanten der Digitaldruck-Branche und auch die Dienstleister an einem Strang ziehen. Denn wenn schon bei der Produktentwicklung der gesamte Lebenszyklus mitgedacht wird, können Weiterverarbeitung und Recycling erheblich vereinfacht werden. Dadurch wird es dann auch einfacher, Print-Buyer mit ins Boot zu bekommen und jeden Verdacht von Greenwashing bei grünen Selbstklebefolien auszuräumen.
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