Die Zukunft industrieller Tinten – vom Folienhinterspritzen bis zur Haptik
Marabu ist ein weltweit führender Hersteller von Sieb-, Digital- und Tampondruckfarben sowie Kreativfarben und bietet eine breite Palette an Lösungen für industrielle und grafische Druckanwendungen. Wir sprachen mit dem Team von Marabu in der Nähe von Stuttgart, als das Unternehmen seinen 165. Geburtstag feierte.
Können Sie ein Beispiel für die chemischen Unterschiede Ihres Tintensortiments und die Vorschriften nennen, die Marabu einhalten muss?
Friedrich Goldner, Vertriebsleiter Key Account Sieb- und Tampondruckfarben: Marabu ist Mitglied der EuPIA (European Printing Ink Association) und befolgt deren Ausschlusspolitik für alle Druckfarben. Produktsicherheit hat für unsere Kunden und Mitarbeiter höchste Priorität. Druckfarben für bestimmte Branchen, z. B. Ultra Glass UVGL für Trinkgläser und Glasflaschen, müssen spezielle Anforderungen erfüllen, wie Spülmaschinenbeständigkeit (Haushaltsspülmaschine: mindestens 500 Zyklen; Industriespülmaschine: mindestens 700 Zyklen) und Aushärtung mit den neuesten Hochgeschwindigkeits-UV-Maschinen.
Tamponfarben für Spielzeug, wie Tampa ® Speed TPL, müssen in hochautomatisierten Tampondruck-Produktionslinien funktionieren und kundenspezifischen Ausschlusslisten sowie zusätzlichen Spielzeug-Sicherheitsstandards wie AfPS GS 2019:01 PAH: GS-Spezifikation gerecht werden.
Marabu verpflichtet sich zur strikten Einhaltung aller REACH-Gesetze und -Standards der EU und ist ständig auf der Suche nach nachhaltigeren und sichereren Rohstoffalternativen. ©Marabu
Wie unterstützen Sie Kunden bei ihrem Farbmanagement?
Kathrin Zimmermann, Senior Manager Colour Management : „ Mit unserer kostenlosen Software Marabu ColorManager können Sieb- und Tampondrucker weltweit auf Farbformeln aller gängigen PANTONE®- , RAL®- und HKS® - Farben bzw. Farbnummern zugreifen und den entsprechenden Farbton selbst mischen. Auch eigene Rezepte können eingegeben und gespeichert werden. Auch ein Dispenser oder eine ausgewählte Waage kann an die Software angeschlossen werden. Tritt ein Wiegefehler auf, gleicht die Software dies automatisch aus und passt das Rezept entsprechend an. Aktuell arbeiten wir an einem Update des ColorManagers, das noch diesen Monat erscheinen wird. Neben den neuesten technischen Standards wird die erweiterte Version eine reine Cloud-Version sein. Kunden können sich einmalig registrieren, auf Rezepte zugreifen, eigene Rezepte erstellen und speichern und müssen sich dann um nichts mehr kümmern. Regelmäßige Updates werden vollautomatisch generiert.
Was sind die Vorteile, technischen Schwierigkeiten und die Vielseitigkeit des Film Insert Moulding (FIM)?
Claudia Bauer, Technische Projektleiterin FIM/ALU/OCP Sieb- und Tampondruckfarben: FIM ist ein spezielles Spritzgussverfahren, mit dem hochwertige Formteile in großen Stückzahlen hergestellt werden. Das Design wird auf eine Folie aufgebracht, die mit einer Kunststoffschmelze „hinterspritzt“ wird. Der größte Markt ist die Automobilindustrie mit kleinen und großen Interieurbauteilen. Bei kleinen Bauteilen wie Knöpfen und Schiebern ist die Funktion wichtig. Bei großen Bauteilen wie Türinnenverkleidungen oder Mittelblenden spielt auch die Designvielfalt eine große Rolle. Bei diesem Verfahren werden Technologien wie Hochdruckumformung und Spritzguss kombiniert, alle Produktionsschritte müssen aufeinander abgestimmt sein, auch das verwendete Siebdruckfarbensystem muss speziell für dieses Verfahren ausgewählt werden.
Um Druckfarben für FIM-Anwendungen realitätsnah testen zu können, verfügt Marabu über die gleiche Ausstattung wie die meisten seiner Kunden. © Marabu
Friedrich Goldner: FIM kann mit einem Triathlon verglichen werden: Drucken – Formen – Gießen, und jeder einzelne Schritt muss gemeistert werden, um ein hervorragendes Ergebnis zu erzielen. Um FIM-Anwendungen realistisch zu testen, verfügen wir über die gleiche Ausrüstung wie die meisten unserer Kunden mit einer Thieme-Siebdruckmaschine, einem Natgraph-Trockner, Niebling-Form- und Engel-Spritzgussgeräten. Unsere neueste FIM-Serie Mara ® Mold MPX wurde intern in mehreren Aspekten wie Schälfestigkeit, Umweltzyklustest oder Hydrolysealterung gründlich getestet. Dadurch haben wir großes Vertrauen bei unseren Kunden gewonnen und zahlreiche Projekte gewonnen. FIM stammt ursprünglich aus dem Automobilsektor, findet aber auch Anwendung in der Medizin und in der Haushaltsgerätebranche. Mit neuen Sektoren ergeben sich neue Herausforderungen, wie neue Film- und Gießharzkombinationen und der Übergang von bisher nur im Innenbereich eingesetzten zu neuen Außenanwendungen.
Wie funktioniert die LED-härtende Ätz-Imitation LEDGL 913, bei der zum Drucken eines matten Designs keine Ätzchemikalien erforderlich sind?
Alexander Suckfüll, Leiter Technische Dienste & Projekte Sieb- und Tampondruckfarben: LEDGL 913 kann wie eine normale Siebdruckfarbe verwendet werden. Der Ätzeffekt ist optisch und haptisch dem echten Glasätzen sehr ähnlich, hat aber den Vorteil, dass es sich um eine LED-härtende Farbe handelt, was Energie spart.
Beim echten Ätzen werden schädliche Chemikalien und viel Energie verbraucht, während der Siebdruck in Kombination mit LED-Systemen schneller und präziser ist. Da die geätzten Bereiche mithilfe der CtF-Technologie (Computer to Film) oder CtS-Technologie (Computer to Screen) definiert werden können, kann das Design so kreativ wie möglich sein. Das Gegenteil von LEDGL 913 ist UVGL-WV. Unser Fensterlack ist speziell für den Druck auf geätzte oder besprühte Flaschen konzipiert, um bei Bedarf die Transparenz wiederherzustellen.
Mit der neuen LED-härtenden Ätzimitation Ultra Glass LEDGL 913 von Marabu können Sie matte Oberflächen ohne den Einsatz von Ätzchemikalien bedrucken. © Marabu
Was unterscheidet Ihre Tinten von denen Ihrer Mitbewerber?
Alexander Suckfüll: Kontinuierliche Innovation und die Reduzierung von Schadstoffen sowie Energieverbrauch bei gleichbleibendem oder verbessertem Qualitätsniveau machen Marabu Farben einzigartig.
Welche Trends sehen Sie in der Siebdruck- und Digitaldruckbranche, die die Tintenentwicklung beeinflussen?
Matthias Schieber, Digital Transformation Manager Digital Inks: Die Tintenentwicklung wurde von den Möglichkeiten der Anwendungstechnik und den Anforderungen der Anwendung selbst an Leistung und Produktsicherheit beeinflusst. Mit schnelleren Maschinen, dem Trend zu LED und strengeren Spezifikationen folgen wir den Anforderungen des Marktes. In Bezug auf die wichtigsten Trends im Druck scheint Tinte die Schlüsselkomponente zu sein: Sie ist elementar, wenn neue Anwendungen im Druck realisiert werden sollen. Dies ist eine Tatsache, die die Bedeutung einer zuverlässigen, vorhersehbaren Entwicklungsarbeit erhöht.
Als Innovationsführer ist Marabu Vorreiter bei der Nutzung künstlicher Intelligenz, um den Kunden den bestmöglichen Service zu bieten. © Marabu
Wie bereitet sich Marabu auf die Zukunft der Drucktechnologie vor?
Matthias Schieber: Mit über 165 Jahren erfolgreicher Erfahrung hat Marabu gelernt, Technologietrends an die Bedürfnisse der Branche anzupassen und zu integrieren. Dies betrifft jeden Aspekt des Unternehmens, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Marabu praktiziert bereits den Einsatz modernster Analysetools, KI-gestützter Tintenentwicklung und hat effizientere und nachhaltigere Produktionsmethoden erarbeitet. Die Zukunft wird unsere Produkte und unsere Dienstleistungen rund um die Produkte herausfordern. Wir bewegen uns bereits vorwärts und haben die Zukunft im Blick.
Welche Initiativen oder Technologien nutzen Sie, um den ökologischen Fußabdruck Ihres Tintenherstellungsprozesses zu reduzieren?
Alexander Suckfüll: Umweltschutz hat für uns schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Als Unternehmen der chemischen Industrie fühlen wir uns besonders verpflichtet, die Umwelt aktiv zu schützen und nachhaltige Produktionsmethoden zu fördern. Im Rahmen unserer unternehmensweiten Nachhaltigkeitsstrategie vermeiden und reduzieren wir Emissionen, wo immer es möglich ist: durch Ökostrom, Energiesparprogramme, den Einsatz klimafreundlicher Materialien und ressourcenschonende Produktionsmethoden. Im Rahmen der Klimaallianz Baden-Württemberg haben wir uns verpflichtet, unseren CO2- Ausstoß in den kommenden Jahren um weitere 20 % zu reduzieren. Dazu bauen wir unsere Produktionsanlagen um und investieren in neue Maschinen und Technologien.
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