Geschäftsberatung

Innovation im Textildruck

by FESPA Staff | 22.07.2024
Innovation im Textildruck

Der Club FESPA Online sprach mit Josef Osl vom Druckmaschinenhersteller Zimmer Austria darüber, wie der Digitaldruck die Tarnung revolutioniert hat und welche Auswirkungen KI auf den Textildruck hat.

Was sind die relativen Vor-/Nachteile des Siebdrucks im Vergleich zum Digitaldruck auf Textilien?

Im Laufe der Zeit hat sich die Textilindustrie erheblich verändert und entwickelt sich ständig weiter. Aufgrund zunehmend strengerer Vorschriften und hoher Arbeitskosten wurden die Produktionsstätten aus der westlichen Welt in den Nahen Osten und jetzt nach Asien verlagert. Große Produktionsmengen und niedrige Arbeitskosten waren für die Beschaffung von Textilien zu attraktiven Preisen unerlässlich. Daran hat sich nicht viel geändert. Das schnelle Tempo vieler Textilprodukte und häufig wechselnde Modetrends haben jedoch auch die Massenproduktion beeinflusst.

Steigende Arbeitskosten und ein wachsendes Umweltbewusstsein bei gleichzeitig kontinuierlich sinkenden Losgrößen stellen für den Siebdruck eine immer größere Herausforderung dar. Dennoch werden Siebdrucksysteme die Textilproduktion auch weiterhin prägen, zumal heute oft weder die Technologie noch die Chemie verfügbar ist, die den Digitaldruck für verschiedene Spezialdrucke ermöglicht. Somit werden Digitaldruck und Siebdruck bei der Musterung von Textilsubstraten noch viele Jahre nebeneinander existieren.

Welche technischen Schwierigkeiten gibt es beim Bedrucken von technischen Textilien oder hochflorigen Teppichen?

Grundsätzlich ist der Textildruck immer an die Faserart gebunden. Letztlich bestimmt die Faser, welcher Farbstoff verwendet werden muss. Um die Entwicklung voranzutreiben, ist es jedoch unerlässlich, das Endprodukt und die damit verbundenen Echtheitsanforderungen im Blick zu behalten. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen dem, was ein Standardverfahren bieten kann und dem, was mit neuen Prozesstechnologien erreicht werden kann.

Colaris Teppichdrucker. © Zimmer Austria

Bei voluminösen Textilien kommt es nicht nur auf die Echtheitsanforderungen wie Lichtechtheit, Waschechtheit oder Reibechtheit an. Auch das Einziehen des Drucks, die Abriebfestigkeit und weitere Werte sind wichtig.

Bei technischen Textilien ist es entscheidend, dass der Druck die grundlegenden Eigenschaften der Faser nicht negativ beeinflusst. Hohe Zugfestigkeit, Abriebfestigkeit, Unbeeinflussung des Flammverhaltens und andere wichtige Eigenschaften müssen in Einklang gebracht werden. Um diese hohen Anforderungen zu erfüllen, sind umfassendes Textil-Know-how und eine enge Zusammenarbeit mit Faser-, Garn- und Textilproduzenten erforderlich. Hier sieht Zimmer Austria seine Stärken: Nahezu alle Systeme von Zimmer werden in Zusammenarbeit mit dem Kunden in den anwendungstechnischen Zentren in Kufstein und Klagenfurt, Österreich, zur technologischen Reife gebracht.

Welche gesetzlichen Vorgaben müssen Sie beispielsweise bei Haushaltsgegenständen beachten?

Als Maschinenbauer haben wir nur begrenzten Einfluss auf den Tintenverbrauch. Unser Hauptanliegen ist es, sicherzustellen, dass die von uns entwickelten technologischen Prozesse Ressourcen wie Wasser und Energie effizient nutzen und so Abwasser- und Luftemissionen minimieren.

Gesetzliche Anforderungen an die Produktion von Heimtextilien betreffen vor allem die gesundheitlichen Aspekte der Arbeiter in den Fabriken und der Verbraucher, wobei unser Augenmerk vor allem auf die bei der Textilveredelung eingesetzten Stoffe gerichtet ist. Die Konzentration potenziell gesundheitsschädlicher Chemikalien darf die gesetzlichen Grenzwerte nicht überschreiten, was grundsätzlich durch verschiedene Normen und Labels sichergestellt wird. Natürlich müssen entsprechende Kontrollmaßnahmen und Audits vorhanden sein, darunter regelmäßige Inspektionen der Produktionsstätten und Endprodukte.

Bei technischen Textilien kommt es auf die Abstimmung von Festigkeit, Abriebfestigkeit und Brandschutz an. © Zimmer Austria

In der Vergangenheit wurden vereinzelt Tinten als problematisch eingestuft. Diese Situation hat sich jedoch deutlich verbessert. Zimmer Austria zertifiziert keine Tinten, die ökologisch oder gesundheitlich als problematisch gelten. Dennoch lässt sich der Einsatz problematischer Tinten nicht gänzlich verhindern, wenn ein Anwender sich dazu entscheidet, Vorschriften zu ignorieren. Diese Verantwortung liegt ausschließlich beim Anwender.

Produkte aus den europäischen Alpenländern stehen für Qualität und Präzision – was verschafft Österreich, der Schweiz und Teilen Deutschlands Ihrer Meinung nach diesen Wettbewerbsvorteil?

Alpine-Produkte zeichnen sich tatsächlich durch ein Gütesiegel von herausragender Qualität aus. Dies ist nicht nur eine Frage des Marketings in der Uhrenindustrie, sondern hat sich auch im Textilmaschinenbau über die Jahre etabliert. Ich glaube, dass dies vor allem mit den Menschen zu tun hat, die oft Pflichtbewusstsein und Disziplin mitbringen und zugleich eine überdurchschnittliche Innovationsfähigkeit besitzen.

Als Alpeneuropäer sind Schweizer und Österreicher vielleicht aus demselben Holz geschnitzt. Präzision, Pünktlichkeit und Ehrlichkeit sind Werte, die uns quasi von Geburt an eingeflößt werden. Das sind Grundwerte, die in unserer Gesellschaft verankert sind. Diese Konzentration auf das Wesentliche und die Hingabe, Dinge gut zu machen, entstammen wahrscheinlich dieser Denkweise.

Wie hat der Digitaldruck die Tarnung revolutioniert?

Auch wenn wir an den Frieden glauben, ist es uns wichtig, dass sowohl Menschen als auch Ausrüstung bestmöglich getarnt und geschützt sind. Wenn Sie jemanden auf der Straße fragen, was Tarndruck ist, wird er wahrscheinlich sagen, dass es sich dabei um das Aufdrucken von Mustern in naturähnlichen Farben handelt, damit Dinge besser mit der Umgebung verschmelzen und weniger sichtbar sind. Das stimmt, aber insbesondere im militärischen Kontext steckt noch mehr dahinter.

Der Colaris-Tarndruck nutzt Infrarot, um sicherzustellen, dass sich die Muster nachts in die Umgebung einfügen © Zimmer Austria

Tarnung funktioniert tagsüber mit naturähnlichen Mustern gut, nachts sind jedoch zusätzliche Maßnahmen erforderlich. Nachts und bei schlechten Lichtverhältnissen ist der Einsatz spezieller Ausrüstung wie Infrarotkameras, Nachtsichtgeräte oder Wärmebildkameras erforderlich, die Dinge anders wahrnehmen. Farben auf Materialien reagieren unter diesen Bedingungen anders und erscheinen diesen Geräten oft als helle Flecken. Um dies zu vermeiden, müssen wir spezielle Infrarotmuster auf die Textilien drucken, damit sie mit der natürlichen Umgebung – wie Erde, Felsen und Vegetation – verschmelzen und nachts nahezu unsichtbar sind.

Der Tarndruck hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg weiterentwickelt. Ursprünglich wurde er im Rotationsdruckverfahren hergestellt, aber dieses Verfahren hatte seine Grenzen, wie etwa die sich wiederholenden Muster, die mit modernen Geräten von oben leicht zu erkennen waren. Mit dem Digitaldruck können wir zufälligere und natürlicher aussehende Designs mit den richtigen Infrarotfunktionen erstellen, die sich besser an die Kampfumgebung anpassen.

Die Colaris-Tarndrucktechnologie von Zimmer Austria ermöglicht nicht nur vielseitigere Designoptionen, sondern verbessert auch die Leistung von Textilien unter Infrarotlicht und macht damit einen großen Unterschied bei modernen Tarntechniken.

Hatte künstliche Intelligenz (KI) Auswirkungen auf Ihren Arbeitsablauf oder auf Druck-/Designprozesse?

Für spezielle Designwünsche, wie zum Beispiel ein zufälliges Camouflage-Muster, ist es bereits Standard. Auch in der Mustererkennung nutzen wir KI. So können wir vorhandene Strukturen oder Muster in einem Material optisch erfassen und dann einen Digitaldruck präzise auf diese Strukturen aufbringen. Auch in der Teppichmattenproduktion nutzen wir KI zum Beispiel, um Mattengröße, Mattenform, Florstruktur und Design zu erkennen und so den Druckauftrag aus dem Webshop abzugleichen. Dazu gehört auch die Möglichkeit einer automatisierten Qualitätskontrolle. Dies sind nur einige Beispiele für KI-Anwendungen, die bei uns im Unternehmen kontinuierlich ausgebaut werden.

Die Teppichdrucklinie bei Zimmer Austria © Zimmer Austria

Das Erkennen von Fehlerbildern und Zuweisen von Lösungsmöglichkeiten im Service sowie das Identifizieren und Korrigieren eines Druckfehlers während des Druckvorgangs sind interessante Ansätze, um den Digitaldruck weiter zu automatisieren. Wir könnten noch viele weitere Beispiele aufzählen, möchten aber auch einige Highlights zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt bringen und vielleicht für die eine oder andere Überraschung sorgen.

Zimmer Austria war das erste Unternehmen, das sowohl Rotationssiebdrucker als auch Digitaldrucksysteme einführte. Wie behält das Unternehmen seine Spitzenposition und ist innovativ?

Zimmer Austria war die erste Firma, die eine Rotationssiebdruckmaschine auf den Markt brachte. Die Grundlagen dafür wurden bereits 1951 gelegt. Bereits 1954 wurde der erste Prototyp einer Zweifarben-Rotationssiebdruckmaschine an einen Kunden ausgeliefert. Ab 1958 wurden diese Maschinen einem breiteren Markt zugänglich gemacht. Ebenso begann der Digitaldruck bei Zimmer Austria mit einer 1975 gebauten Prototypmaschine, die im folgenden Jahr zum Bedrucken kleiner Teppichmuster eingesetzt wurde.

Die eigentliche Revolution kam zwischen 1976 und 1978, als das erste mehrfarbige Chromotronic-Drucksystem gebaut und in Betrieb genommen wurde. Dieses System, ausgestattet mit acht separaten Druckwagen und einer Druckbreite von 4.200 mm, zeigte, dass Teppiche mit ventilbasierter Jet-Drucktechnologie gemustert werden konnten. Ab 1980 wurde diese Technologie unter dem Markennamen Chromojet vermarktet und wurde zum Synonym für Digitaldruck in der Teppichindustrie. Erst um die Jahrtausendwende kamen die ersten Digitaldruckmaschinen mit Piezo-Druckköpfen auf den Markt. Diese neue Düsentechnologie, zunächst im Papierdruck eingesetzt, führte Zimmer Austria mit der Colaris-Technologie in Bereiche, die von der Konkurrenz lange Zeit unberührt blieben. Die Stärke der Colaris-Druckmaschinen liegt im Bedrucken von textilen Bodenbelägen, aber auch von schweren Textilien wie Frottee, Polsterstoffen und Textilien für die Automobilindustrie. Und nicht zuletzt in der Colaris-Tarndrucktechnologie.

Josef Ozl, Zimmer

Unser Leitsatz lautete schon immer: „Die Nische ist unser Markt.“ Wir erforschen ständig, was unsere Kunden am meisten brauchen, und streben danach, innovative Lösungen zu entwickeln, die diese Herausforderungen angehen und nicht nur einem, sondern vielen Kunden zugutekommen.

Welche Technologie begeistert Sie und glaubt, dass sie Ihr Geschäft in Zukunft maßgeblich beeinflussen könnte?

Es ist immer schwierig, die Zukunft vorherzusagen, aber wir haben mehrere interessante Projekte in Arbeit. Einige davon werden nicht nur unsere Zukunft im Textilmaschinenbau stärken, sondern bieten auch in anderen Bereichen gutes Potenzial.

Über Entwicklungen und Neuerungen aus dem Hause Zimmer Austria und was diese für unsere Kunden bedeuten können, berichten wir zeitnah. Aus erster Hand erhalten Sie diese Informationen über unser Newslettersystem und über Zimmer Austria auf LinkedIn . Folgen Sie uns, um als einer der Ersten davon zu erfahren.

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