Als der Druck digital wurde - Tail 2
Vor 40 Jahren wurden die Grundlagen für den heutigen digitalen Auflagen- und Großformatdruck gelegt. In Teil 2 der Serie beleuchten wir das thermische sowie das Piezo-Druckverfahren.
Während 1977 in England und USA auf der Straße und in den Clubs der Punk erfunden wurde, schraubten anderswo Ingenieure an der Zukunft der Druckindustrie. In Teil 1 der Serie zum 40.
Geburtstag des Digitaldrucks haben wir bereits den Beiträg von Xerox-Pionier Gary Starkweather zur Laser-Technologie beleuchtet. In diesem Artikel geht es nun um den Inkjet-Druck.
Von Hitze und Tröpfchen
Fast zur selben Zeit, als Starkweather im US-amerikanischen Palo Alto am Prototypen des Xerox 9700 arbeitete, saß im Entwicklungszentrum von Canon im japanischen Kawasaki der Chemie-Ingenieur Ichiro Endo und erfand ein Tintenstrahlverfahren, das später als Bubble-Jet bekannt werden sollte.
Wie so oft bei einflussreichen Erfindungen half auch hier der Faktor Zufall: Mit einem heißen Lötkolben berührte Endo unbeabsichtigt die Nadel einer mit Tinte aufgezogenen Spritze. Nach einem kurzen Zischen löste sich ein kleiner Tropfen Tinte von der Nadel.
Das Potenzial dieses Vorgangs erkannte Ichiro Endo sofort. Das punktuelle Erhitzen der Nadel ermöglichte offensichtlich, die Tinte an dieser Stelle so aufzuheizen, dass sich eine kleine Dampfblase bildet und der daraus resultierende Überdruck sich in Form eines aus der Spitze herausschießenden Tintentropfes abbaut.
Ichiro Endo gab dem von ihm entdeckten Verfahren den Namen Bubble-Jet. Bereits zwei Monate nach dieser Entdeckung wurde das Bubble-Jet-Verfahren zum Patent angemeldet, 1981 der Canon Inkjet Printer vorgestellt.
Auf der anderen Seite der Welt entwickelten HP-Ingenieure praktisch im selben Zeitraum eine eigenes Verfahren für die zielgenaue Platzierung von Tintentröpfchen auf einem Medium. Die Inspiration dazu, so heißt es, lieferte damals die Kaffeemaschine in der Labor-Küche.
Das „Thermal Inkjet“-Verfahren wird 1979 patentiert. Es dauert noch fünf Jahre, bis HP den 2225 Thinkjet auf den Markt bringt, das erste breiter kommerziell verfügbare Modell von Canon heißt
BJ-80 und erscheint 1985. Bereits ein Jahr später folgt der BJC-440, der erste farbfähige Bubble-Jet-Drucker für Büroanwendungen.
Dr. Ross Allen und das HP-Thermal-Inkjet-Forschungsteam in San Diego entwickelten nur sechs Jahre später eine erste Version des Pagewide-Druckkopfes. Diese werden heute im so genannten MEMS (Micro Electro Mechanical Systems)-Verfahren produziert, das der Herstellung von Silizium-Chips ähnlich ist.
So lassen sich pro Quadrat-Inch bis zu 2.400 Düsen unterbringen. Technologiebedingt können thermische Druckköpfe allerdings nur Flüssigkeiten mit hohem Wasseranteil versprühen.
Piezo-Inkjet: Kristallklar
Canon präsentierte 1985 den weltweit ersten Bubble-Jet-Bürodrucker BJ-80. Foto: Canon
Die Idee, Tintentröpfchen zur Aufzeichnung von Gerätedaten zu nutzen, geht bis ins Jahr 1858 zurück, als Lord Kelvin ein entsprechendes Patent beantragte. In den 1950er Jahre nutzte Siemens die Technologie, schon 1951 ließ man ein erstes Inkjet-Aufzeichnungsgerät patentieren.
Den PT, den ersten Drop-on-demand-Drucker mit Piezotechnologie, bringt das Unternehmen ebenfalls 1977 auf den Markt, bereits ein Jahr früher hatte IBM ein Modell mit Continuous Inkjet gezeigt.
In einem Piezo-Druckkopf wird die Eigenschaft eines Piezokristalls genutzt, sich beim Anlegen einer elektrischen Spannung zu verformen. Die Tinte wird dadurch aus der Düse geschleudert, die Tröpfchen können durch den elektrischen Impuls gesteuert werden, so dass verschiedene Größen möglich sind.
Piezo-Druckköpfe sind deutlich teurer als solche, die auf thermischem Inkjet beruhen. Sie bieten jedoch die Möglichkeit, unterschiedliche Tinten-Formulierungen zu nutzen.
Auch bei Epson beschäftigt man sich mit Druckköpfen mit MEMS-Technologie, die Precision-Core-Köpfe entwickelten sich aus der Thin Film Piezo-Reihe ab 2007. Precision-Core-Köpfe wurden bereits ab 2014 im Textildrucker SureColor SC-F2000 sowie im Hochgeschwindigkeits-Labeldrucker SurePress L6034 verbaut.
Die Piezo-Technologie wurde um die Jahrtausendwende zu Variable Dot-, Graustufen- oder Greyscale-Köpfen weiterentwickelt. Sie stoßen Tintentröpfchen in verschiedenen Volumenstufen aus.
Unterschiedliche Tröpfchengrößen ermöglichen eine für das menschliche Auge bessere Bildqualität bei gleicher physikalischer Düsendichte pro Quadratzentimeter: Beispielsweise wirken scharfe Ränder oder Buchstaben durch das Setzen kleinerer Tropfen glatter und damit gefälliger.
Fazit
Die Digitaldruck-Technologie entwickelt sich stetig weiter, besonders für Hochgeschwindigkeits- sowie industrielle Anwendungen werden laufend neue Druckkopf-Modelle entwickelt. Mit der Nanographic Printing Technology stellte Benny Landa auf der Drupa 2012 sogar ein ganz neues digitales Druckverfahren vor.
Landa hatte zuvor schon des Indigo-Druckverfahren, eine Art Kombination aus Flüssig- und Tonerdruck erfunden: Seine Firma Indigo Digital Printing gründete er natürlich auch 1977.
Auch das Laser-Verfahren hat seine Wurzeln im Jahr 1977. Mehr dazu lesen Sie in Teil 1 dieser Serie
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