Verpackung

Die Kunst des Kleingedruckten

by FESPA | 18.02.2022
Die Kunst des Kleingedruckten

Sonja Angerer spricht über eine spezielle Print-Spezialität: Packungsbeilagen. Sonja spricht mit Ann-Kathrin Engel, Geschäftsführerin des Druckhauses Engel, einer familiengeführten Druckerei, die sich auf Packungsbeilagen und Handbücher spezialisiert hat.

Unabhängig davon, welche Verpackung oder welches Produkt Sie öffnen, befinden sich in der Regel Packungsbeilagen darin. Ann-Kathrin Engel, Geschäftsführerin von Druckhaus Engel sagt: „Die meisten Packungsbeilagen werden gleich nach dem Öffnen der Schachtel weggeworfen.“ Die familiengeführte Druckerei ist auf Packungsbeilagen und Handbücher spezialisiert.

Vor 12 Jahren begann die Druckerei, sich auf Paketbeilagen zu konzentrieren. Seitdem hat das Unternehmen aus Bad Schwartau sein Geschäft sukzessive auf die Produktion von Broschüren, Beipackzetteln und Handbüchern ausgeweitet, hauptsächlich gedruckt im Bogen- und Rollenoffset. Für kleinere Auflagen und die Produktentwicklung verfügen sie außerdem über einen Canon-Schwarzweiß-Digitaldrucker und eine weitere Vierfarbdruckmaschine mit Banner-Einzugssystem.

Bildunterschrift: Das Druckhaus Engel in Bad Schwartau hat sich vor rund einem Jahrzehnt auf den Druck von Paketbeilagen spezialisiert. Bildnachweis: Druckhaus Engel

Kleines Blatt, große Vorschriften: Die Packungsbeilage

Die pharmazeutische Industrie ist der Hauptabnehmer für Packungsbeilagen, da diese für Medikamentenboxen und für alle Arten von medizinischen Geräten und Bedarfsartikeln für den täglichen Gebrauch in Krankenhäusern und Praxen benötigt werden.

Handbücher und Bedienungsanleitungen für Privathaushalte sind in Deutschland stark reguliert, beispielsweise durch die Maschinendirektive sowie das Produktsicherheitsgesetz . Darüber hinaus müssen bei vielen anderen Konsumgütern gedruckte Handbücher in der/den Amtssprache(n) des Käuferlandes im Paket enthalten sein. Dies hat zur Folge, dass selbst Schnuller oder Teekannen in der Europäischen Union nicht mehr ohne Beipackzettel verkauft werden dürfen.

Für Arzneimittelbeipackzettel gelten auf Bundesebene noch weitreichendere gesetzliche Regelungen. Darüber hinaus stellt die Pharmaindustrie in der Regel weitere Anforderungen an die Zertifizierung aller ihrer Lieferanten. „Jedes Audit dauert etwa 2 – 3 Werktage“, sagt Engel. „Natürlich müssen wir auch Standardanforderungen wie die ISO 9001-Qualitätsprüfung oder die FSC-Zertifizierung erfüllen.“

Wenn es um Sicherheit und Qualitätskontrolle geht, müssen Packungsbeilagen und Handbücher noch sorgfältiger gedruckt werden als jede kommerzielle Druckanwendung. Unleserliche oder schlecht beschnittene Blätter könnten zu potenziell tödlichen Fehlern führen. Daher setzt das Druckhaus Engel, wie die meisten seiner Mitbewerber, zunehmend auf automatisierte Kamerasysteme zur Qualitätskontrolle jeder einzelnen gedruckten Seite.

Bildunterschrift: Der Beipackzettel einer Medikamentenschachtel kann bei Druckhaus Engel bis zu 13 Mal geknittert sein. Foto: Druckhaus Engel

Genauer hinsehen

Normalerweise wird eine Bestellung für eine Pharma-Packungsbeilage vom Kunden als PDF übermittelt und routinemäßig einer Flugkontrolle beim PSP unterzogen. In der EU sind Packungsbeilagen in der Regel etwa 65–70 cm breit und etwa 1 Meter lang, es gibt jedoch keine gesetzlichen Größenbeschränkungen. Die maximal bedruckbare Fläche für Paketbeilagen beträgt im Druckhaus Engel 72 x 104 cm.

Packungsbeilagen werden zur besseren Lesbarkeit mehrspaltig gedruckt. Spezialisierte Konstrukteure achten darauf, dass die Abstände zwischen den Säulen möglichst genau mit der späteren Faltung übereinstimmen, damit die Lesbarkeit später in der Falzmaschine nicht beeinträchtigt wird.
Die Packungsbeilagen werden auf speziellem Pharma-Leichtpapier mit einem Gewicht zwischen 40 und 50 g/m² gedruckt. Mit einer speziellen Beschichtung sorgen Hersteller dafür, dass der Druck nicht auf die andere Seite des Papiers durchscheint.

Viele Kunden, insbesondere aus der Pharmaindustrie, haben eine umweltfreundliche Politik übernommen und drucken auf FSC-Papier, das ist Standard für Packungsbeilagen. Grundsätzlich dürfen nur wasserbasierte Druckfarben mit aktuellen Sicherheitsdatenblättern verwendet werden. Bei kritischen Anwendungen, beispielsweise wenn der Druck das eigentliche Produkt im Karton berühren könnte, greift Druckhaus Engel aus Sicherheitsgründen auf Farben für Lebensmittel oder Spielzeug um.

Die Faltmeister

Bei Packungsbeilagen und Handbüchern ist die Veredelung ebenso wichtig wie der Druck. Das Unternehmen verfügt über insgesamt sieben Faltmaschinen, darunter zwei spezielle Pharmamodelle. Dies ermöglicht bis zu 13 Rillen pro Seite mit einer Mindesthöhe von 15 mm.

Das ist kaum mehr als einen Finger breit und ziemlich schwierig, da das Papier nicht reißen oder an den Rändern gequetscht werden darf. Außerdem muss die Faltpackung superflach sein und unter allen Umständen geschlossen bleiben. Dafür benötigt das Druckhaus Engel bestens ausgebildete und spezialisierte Mitarbeiter.

Für Pharma-Packungsbeilagen sind dies die 4 häufigsten Veredelungen:

  • plano
  • vorgefaltet
  • zerknittert
  • Outsert

Sowohl Plano- als auch vorgefalzte Verpackungsseiten werden nach den Vorgaben der Verpackungslinie eines Kunden gedruckt. Dies bedeutet, dass das Papier in einem nächsten Schritt möglicherweise erneut geknittert oder geknickt wird.

Gefaltete und Outsert-Produkte werden im Endverpackungsprozess manuell oder automatisch als kleine, kompakte Packung hinzugefügt. Da moderne Hochgeschwindigkeitsverpackungslinien das Leichtpapier beeinträchtigen könnten, konzentriert sich Druckhaus Engel seit Kurzem auf Outsert-Produkte. Ein kleiner Klebepunkt sorgt dafür, dass sich die Outsert-Verpackung nicht öffnet und die Verpackungslinie blockiert.

Nach wie vor muss der Endverbraucher den Faltprospekt leicht öffnen können. Der Kleber muss sehr sorgfältig angebracht werden, um sicherzustellen, dass er keine wichtigen Informationen verdeckt. „Der Druck von Packungsbeilagen und Handbüchern erfolgt meist nur in Schwarzweiß mit ein paar Bildern. Das scheint eine leichte Aufgabe zu sein, aber es gibt einige komplizierte Details, auf die man achten muss“, erklärt der Manager.

Bildunterschrift: Die Spezialität von Druckhaus Engel sind Outsert-Broschüren mit Klebepunkt. Bildnachweis: Druckhaus Engel

Geschäftsmöglichkeiten in der Paketbeilagenbranche

Bei Packungsbeilagen und Handbüchern handelt es sich heute überwiegend um sehr große analoge Druckauflagen. Manchmal sind verschiedene Varianten darauf ausgelegt, geografische Gebiete oder Gerichtsbarkeiten abzudecken. Während das Drucken kleinerer Auflagen mit digitalen Geräten, die auf einzelne Länder oder sogar den einzelnen Benutzer abgestimmt sind, keine große Herausforderung darstellen würde, „können große Verpackungslinien, insbesondere für Massenproduktionsgüter, nicht einfach nachgerüstet werden“, erklärt Engel.

Deshalb findet der Endverbraucher in der Verpackung seines neuesten Gadgets oft noch eine ganze Reihe von Handbüchern in verschiedenen Sprachen vor. „Hier müssen unsere Kunden die Richtung vorgeben“, betont Engel. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, entscheiden sich viele ihrer Kunden bereits für die klimaneutrale Variante, die das Unternehmen anbietet, also gibt es Hoffnung. „Unser Geschäftszweig ist profitabel und wir erwarten in Zukunft noch viele weitere interessante Produkte“, sagt der Manager. Allerdings erfordert der Einstieg in diese ganz besondere Drucknische einiges an Aufwand und Zeit: „Der Einsatz hat mehrere Jahre gedauert“, erinnert sich Ann-Kathrin Engel.

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