Digitaldruck

High-end-Drucke und Herzblut

by Sonja Angerer | 30.09.2024
High-end-Drucke und Herzblut

In der Kunsthalle München werden pro Jahr etwa drei immersive Ausstellungen gezeigt. Das ist nur möglich durch digitale High-end-Drucke, extreme Liebe zum Detail und ganz viel Erfahrung. Stefan Kirchberger, Mitarbeiter der Kommunikation und Projektverantwortlicher für die Produktion von Drucken gibt einen Einblick in seine Arbeit.

Noch bis Anfang Oktober 2024 läuft in der Kunsthalle München die allererste große Retrospektive des Künstler und Designer-Duos Viktor&Rolf, „Fashion Statements“. In rund einem Dutzend Räume werden die spektakulären Entwürfe der beiden Niederländer regelrecht zelebriert. Großformatige Fine Art-Drucke, Projektionen, Bodengrafiken und meterhohe Textildrucke schaffen eine Ausstellungslandschaft, in der die opulenten Modeentwürfe und Kunstwerke spektakulär inszeniert werden.

„Es ist unser Anspruch, dem Publikum ein Erlebnis zu bieten, mit jeder Ausstellung aufs Neue“, erklärt Stefan Kirchberger, Mitarbeiter der Kommunikation. Die Kunsthalle verfügt nicht über eine eigene Sammlung, sondern konzentriert sich auf Wechselausstellungen zu Themen in Kunst, Kultur, Design und Mode. Rund 350.000 Besucher zieht man so jährlich in die Ausstellungsräume, die 2001 in der gehobenen Einkaufspassage „Fünf Höfe“ in München eröffnet wurden. Sie gehört zu den meistbesuchten Ausstellungshäusern Deutschlands und wird von der Hypo-Kulturstiftung getragen.

Für Ausstellungen stehen rund 1.200 qm zur Verfügung. „Wir können diese mit Hilfe von Trockenbauwänden und textilbespannten Kederrahmen teilweise flexibel ausgestalten, sodass jede Schau ein etwas anderes Layout bekommt“, so Kirchberger.

Fine-Art-Prints wie dieser Inkjet-Druck eines Motivs von Andreas Gursky werden von den Leihgebern zur Verfügung gestellt. Foto: S. Angerer

Ohne Inkjet keine Ausstellung

„Jede neue Schau ist ein enormer Arbeitsaufwand für unsere Montage-Mitarbeiter, zumal die Umbauzeiten mit rund 2,5 Wochen extrem knapp sind. Ohne eine Druckerei, die uns und unsere Bedürfnisse versteht, und darauf eingehen kann, wäre das gar nicht möglich.“
Kirchberger, der zusammen mit den drei Kuratorinnen des Hauses und den jeweiligen Ausstellungsarchitekten für Design und Beschilderung jeder Wechselausstellung zuständig ist, fand diese vor Jahren in Escher Digitaldruck. Das mittelständische Familienunternehmen sitzt in Gersthofen, eine knappe Fahrstunde von München entfernt. Hier wird auf EFI Vutek- und Durst-Drucker alles produziert, was die Schauen erst lebendig macht: Sublimationsdrucke in Breiten bis über fünf Meter, Forex-Platten für Installationen und natürlich unzählige Beschriftungen.

„Auch unter den eigentlichen Ausstellungsstücken befinden sich immer häufiger Inkjet-Drucke“, so der Projektleiter. So sind etwa in der Viktor& Rolf-Ausstellung eine ganze Reihe von Giclée-Drucken zu sehen, unter anderem von Fotokünstlern wie Andreas Gursky. „Solche digitalen Abzüge liefern oft aber die private und öffentlichen Leihgeber an“, erläutert Kirchberger. „Wir schaffen für sie nur den perfekten Rahmen.“

Wandfarbe und Beschriftung werden exakt aufeinander abgestimmt. Denn der Text muss nach mehreren Monaten rückstandsfrei abzunehmen sein. Foto: S. Angerer

High-end-Drucke für gute Lesbarkeit

Welch ein großer, vom Publikum oft kaum bewusst wahrgenommener Aufwand dabei betrieben wird, erläutert der Projektverantwortliche an ein paar Beispielen. „Wir legen Wert darauf, dass unsere Erläuterungstexte in Deutsch und Englisch möglichst kurz ausfallen und gut zu lesen sind. Dabei muss es egal sein, ob die Ausstellung beinahe überfüllt ist oder einige wenige Besucher den Raum für sich allein haben. Das erreichen wir mit klaren, serifenlosen Schriften, die kontrastreich und ohne zu spiegeln auf dem Untergrund stehen.“

Tatsächlich wirken die Beschilderungen bei der Viktor& Rolf-Ausstellung beinahe wie auf die in üppigen Farben dekorierten Wände gemalt. Es handelt es sich aber um bedruckte Papierstreifen, die mit einem speziellen Klebeband befestigt werden. Dieses kommt normalerweise beim Verlegen von Parkettboden zum Einsatz.

„Diese Lösung habe ich zusammen mit Escher Digitaldruck speziell für die Kunsthalle entwickelt. Denn konventionelle Produkte aus dem Markt wurden unseren Anforderungen nicht gerecht. Die Schilder müssen während der Ausstellungsdauer von bis zu sieben Monaten fest an der Wand halten, aber sich danach auch leicht und rückstandsfrei wieder ablösen lassen. Dabei darf die Wand nicht beschädigt werden. Sonst wären unsere kurzen Umbauzeiten nicht zu halten.“

Der schwierigste Teil ist allerdings das Colour Management. Denn der Druck muss die Wandfarbe so genau treffen, dass keine Übergänge sichtbar sind. Wie in Museen üblich, werden die Wände für eine Ausstellung mit neuen Farben gemalert. Für jede Schau beginnt die Abstimmung deshalb aufs Neue.

„Wir haben uns in der Kunsthalle durchgängig für eine leicht gelbliche LED-Beleuchtung entschieden“, so Dr. Kirchberger. „Das bedeutet, dass wir bei der Farbabstimmung nicht mit den üblichen Normlicht-Einstellungen arbeiten können. Zusätzlich spielt die Lichtsetzung eine entscheidende Rolle. Das lässt sich im Grunde nur mit Erfahrung und Fingerspitzengefühl lösen.“

Man mag es kaum glauben, aber der Verlauf im Hintergrund ist ein knapp 5 Meter hoher, streifenfreier Sublimationsdruck. Foto: S. Angerer

Sublimationsdruck für zauberhafte Wände

Um einen schnellen Umbau gewährleisten zu können, hat man bei großformatigen Wandmotiven bereits vor vielen Jahren auf Keder-Spannsysteme umgestellt. „Wenn die Fläche exakt ausgemessen, maßhaltig gedruckt und konfektioniert wurde, ist die Installation auch großformatiger Spannrahmen sehr schnell und einfach erledigt. Zudem müssen darunterliegende Wände nicht erst langwierig gespachtelt und begradigt werden“, erklärt er.

„Inzwischen kann Escher Digitaldruck uns streifenfreie und nahtlose Sublimationsdrucke auf Polyester in Breiten von bis zu fünf Metern herstellen. Wir sind uns bewusst, dass dies technisch sehr aufwendig ist, und deshalb besonders froh, dass wir mit ihnen ein Unternehmen gefunden haben, das uns solche besonderen Digitaldrucke zuverlässig liefern kann.“

Immer öfter arbeitet man in der Kunsthalle auch mit Kombinationen aus Bewegtbild und Digitaldruck. So entstand für die Viktor&Rolf-Ausstellung ein Zen-Garten, bei dem die Projektion optisch nahtlos in eine Bodengrafik übergeht. „Dafür konnten wir uns die Hilfe einer Specialeffekts-Firma aus Nordamerika sichern“, strahlt er. „Wir sind in der glücklichen Lage, immer wieder Neues ausprobieren zu können. Dadurch ermöglichen wir es unseren Besuchern, den Alltag hinter sich zu lassen und ganz in die Ausstellung einzutauchen.“

Dank High-end-Stoffdrucken in Kederschienen können in der Kunsthalle auch große Wände schnell dekoriert werden. Foto: S. Angerer

High-end Drucke und Lebenszyklus

„Wir sind uns natürlich darüber bewusst, dass aufwendige Ausstellungen, wie sie in der Kunsthalle üblich sind, eine Menge Müll produzieren. Deshalb suchen wir nach Möglichkeiten, den CO2-Fußabdruck zu vermindern, ohne bei der Qualität des Ausstellungsdesigns Abstriche zu machen. Dabei haben wir schon einige Fortschritte erzielt. Für unsere nächste Ausstellung ‚Jugendstil‘, wollen wir beispielsweise auf Forex-Platten verzichten und stattdessen auf Spezialkarton drucken“, so Kirchberger.

„Auch loten wir weitere Möglichkeiten aus, unsere großformatigen Textildrucke zu Taschen zu verarbeiten. Wir haben oft sehr dekorative Wandbehänge, so dass sich diese besonders gut für Upcycling-Kollektionen eignen. Hier können wir tatsächlich schon jetzt eine verstärkte Nachfrage feststellen.“

Die Kunsthalle München ist täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet, jeden 3. Donnerstag im Monat gibt es eine „After Work“-Sonderöffnung bis 22 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene 18 Euro, er kann auch online reserviert werden. Ausgewählte Ausstellungsrundgänge kann man kostenlos im Internet ansehen. Der digitale Rundgang für die Ausstellung „Viktor& Rolf. Fashion Statements“ geht demnächst online.
 

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