Klimaneutral werden: Hier findet die Druckindustrie Hilfe
Die Dekarbonisierung der Wertschöpfungs- und Lieferketten ist eine riesige Aufgabe für große und kleine Druckdienstleister. Doch es gibt Beratungsangebote, die dabei helfen.
Die Druckindustrie ist noch lange nicht über den Berg. Denn die Pandemie wird uns weiterhin noch viele Veränderungen aufzwingen. Dennoch verlangt die Klimakrise mehr denn je unsere Aufmerksamkeit. Die Dekarbonisierung der Wertschöpfungs- und Lieferketten wird für große und kleine Druckdienstleister eine gewaltige Aufgabe. Aller Anfang ist schwer,
Bei all den vielen Nachrichten, die täglich auf uns einprasseln, übersieht man leicht so einige. Doch diese News ist wirklich wichtig. Denn in etwas mehr als acht Jahren soll Deutschland seine Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Und das ist nur das mittelfristige Ziel. Die Bundesregierung hat sich dazu verpflichtet, bis 2050 das ganze Land weitgehend kohlenstoffneutral aufzustellen. In vielen Länder in der Europäischen Union gibt es ähnliche Programme.
Warum sollten Druckdienstleister angesichts der Klimakrise aktiv werden?
Da die industrielle Produktion als zweitgrößte Quelle von Treibhausgasen gilt, erwartet der Gesetzgeber, dass die Unternehmen ihren Teil zum Prozess beitragen. Schon heute scheint klar zu sein, dass bequeme Maßnahmen wohl nicht ausreichen werden. Kurz gesagt: Nur ein Wechsel im Fuhrpark der Geschäftsführung von Mercedes Benz zu Tesla bringt für das Erreichen der Klimaziele leider zu wenig.
Und es geht auch nicht nur darum, „auf der richtigen Seite zu sein“. Man geht davon aus, dass die Preise für CO2-Zertifikate in den nächsten Jahren erheblich steigen werden. Energiekosten und Gebühren für die Entsorgung von Industrieabfall werden nachziehen. Die Gefahren des Klimawandels für die Menschheit kommen zudem immer stärker im öffentlichen Bewusstsein an. Deshalb wollen immer mehr Kunden von Druckdienstleistern wissen, was diese als Lieferanten zur Bekämpfung der globalen Erderwärmung tun.
Das aber bedeutet, dass auch kleine Druckdienstleister es künftig schwerer haben werden, sich zu wegzuducken und dadurch zu überleben. Denn ihre Aufträge werden an andere Druckdienstleister gehen, die in der Lage sind, ihre Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit klar zu quantifizieren.
BILDUNTERSCHRIFT: Produkte von Unternehmen bei einer ClimatePartner-Akademie im Jahr 2018. Bild: S. Angerer
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Es gibt einige Standardverfahren zur Bewertung der Nachhaltigkeit in der Produktion, wobei das Umweltaudit nach ISO 14001 das bekannteste sein dürfte. Leider ist eine vollständige ISO-Zertifizierung einigermaßen teuer. Mehr noch, allein der Verwaltungsaufwand wird wohl die meisten kleineren Unternehmen überfordern. Es gibt einige lokale Initiativen wie Ökoprofit, die auf diesem Weg helfen können. In Großstädten wie Hamburg und München wird Ökoprofit schon seit mehr als zwei Jahrzehnten aktiv gefördert. Die Kosten der Teilnahme hängen von der Unternehmensgröße ab.
Einen etwas anderen Ansatz verfolgt The Climate Choice, ein Berliner Start-up mit der Mission, „es jedem Unternehmen zu ermöglichen ein Climate Champion zu werden“. „Wir haben uns auf kleine und mittlere Unternehmen spezialisiert", erklärt dazu Lara Obst, eine der drei Gründer. „Unser ‚Climate Readiness Check‘ ist ein einzigartiger Prozess, bei dem wir unsere selbst entwickelte Software nutzen. In dem standardisierten, einstündigen Check helfen wir Unternehmen, sogenannte ‚Quick Wins‘ zu identifizieren. Es geht darum, klimafreundliche Lösungen zu finden damit Unternehmen künftige Klimaanforderungen erfüllen können.“
Auf der Grundlage der Bewertung können die Berater kleinen und mittleren Unternehmen grundlegende Schritte vorschlagen, z. B. zur Senkung des Energieverbrauchs auf ihrem Firmengelände. Sie geben aber auch Anstöße zur Dekarbonisierung von Lieferketten, denn dort entstehen mehr als 85 % aller Unternehmensemissionen.
"Wir wollen den Unternehmen den Einstieg in den Wandel zu einem klimafreundlicheren Unternehmen so einfach wie möglich machen", sagt Obst. Unternehmen, die den Climate Readiness Check absolviert haben, werden in die Klimadatenplattform aufgenommen und erhalten je nach ihrer Klimaleistung ein Label in Gold, Silber oder Bronze.
„Nach dem Check sind viele Unternehmen nicht nur in der Lage, den Anfragen bestehender Kunden nach Daten über ihre Prozesse nachzukommen. Sie können oft außerdem auch neue Kunden gewinnen die einen Fokus auf Nachhaltigkeit legen.“ Ein einfacher Climate Choice 'Climate Readiness Check' für ein Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern kostet rund 1.000 Euro.
Seit zwei Jahren veranstaltet Climate Choice die Online-Konferenz Climate Transformation Summit, die letzte (20. bis 21. Juni 2021) konnte rund 600 hochkarätige Teilnehmer begrüßen.
BILDUNTERSCHRIFT: The Climate Choice verwendet eine eigene Software für den "Climate Readiness Check". Foto: The Climate Choice
Vermeiden oder kompensieren?
Die Vermeidung von CO2-Emissionen ist ein Hauptschwerpunkt von The Climate Choice. Für ClimatePartner, ein weiteres Beratungsunternehmen, das sich darauf konzentriert, Unternehmen bei der Transformation und der Bewältigung des Klimawandels zu unterstützen, ist die Kompensation von CO2-Emissionen ein wichtiger Bestandteil des Angebots. ClimatePartner berät bereits viele Unternehmen aus der Druckbranche.
Das Unternehmen bietet sogar regionale Projekte in der DACH-Region an, in die ihre Kunden investieren können, um ihre unvermeidlichen Emissionen auszugleichen. ClimatePartner veranstaltet seit Jahren regelmäßige ClimatePartner Academy-Treffen, bei denen sich Kunden und Interessierte über Best Practices und die neuesten Entwicklungen austauschen können. Aufgrund der COVD-19-Bestimmmungen fanden die Akademie-Treffen in den letzten Monaten online statt. Zusätzlich gibt es rund 90-minütige "Deep Dives" zu einzelnen Themen. Diese sind für angemeldete Teilnehmer kostenlos.
Müssen auch kleine Druckdienstleister klimafreundlicher werden?
Nicht wenige Menschen denken immer noch, dass nur multinationale Unternehmen Klimaschutzmaßnahmen ergreifen müssen. Die jüngsten Naturkatastrophen und der fortschreitende Klimawandel hat jedoch in einer breiten Öffentlichkeit das Bewusstsein dafür geschärft, dass jeder seinen Teil dazu beitragen muss, um unsere Ökosysteme vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
Unternehmen, also auch Druckdienstleister, verursachen einen großen Teil der Erderwärmung. Deshalb müssen sie noch schneller handeln als die Endverbraucher, um unsere Umwelt – und ihre Geschäfte – zu retten. Glücklicherweise gibt heute einige erschwingliche Beratungsangebote. So kann man auch als kleines oder mittleres Unternehmen schnell mit der Einsparung von CO2 beginnen.
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