Verpackung

Produktion von Verpackungen im Digitaldruck: Die Trends

by Sonja Angerer | 08.10.2024
Produktion von Verpackungen im Digitaldruck: Die Trends

Die Verpackungsindustrie ist im Aufbruch. Welche Trends werden sie in den nächsten Jahren bestimmen, wie wichtig ist der Umweltschutz und was bedeuten geänderte Verpackungen für den Digitaldruck?

Ex und hopp: die meisten Verbraucher nehmen Verpackungen nur dann wahr, wenn sie sich über ihre übervolle Mülltonne ärgern. Branchen-Insider aber wissen: mit einem jährlichen Umsatz von rund 370 Milliarden Euro, so die Zahlen des Europäischen Rates, gehört die Verpackungsindustrie zu den bedeutendsten im Block. Längst gilt dabei der Digitaldruck als eine der wichtigen Technologien, wenn es um die Herstellung von Verpackungen geht.

Etiketten werden schon heute meist digital gedruckt. Foto: S. Angerer

Neue Regularien für die Verpackungsbranche

In den letzten Jahren boomte die Branche. Die damit verbundenen Auswirkungen kamen bei den europäischen Gesetzgebern allerdings nicht so gut an. Denn innerhalb des letzten Jahrzehnts ist der Verpackungsmüll um 25% angewachsen. Dies steht in einem direktem Gegensatz zum Ziel der EU, bis zum Jahr 2050 eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu etablieren.

Ein besonderer Dorn im Auge der Parlamentarier ist dabei das ungebremste Anwachsen von Plastikmüll durch Verpackungen. Bis ins Jahr 2030 könnten Kunststoffverpackungen um weitere 46% zunehmen, so der Europäische Rat in einer Pressemitteilung vom März 2024. Es wird daher erwartet, dass die neue EU-Verpackungsverordnung PPWR wie geplant im Herbst 2024 finalisiert wird. Sie wird spätestens 18 Monate nach Veröffentlichung wirksam und sieht unter anderem vor, dass bis 2030 alle Verpackungen in der EU recyclingfähig sein müssen.

Der den Parlamentariern vorliegende Text umfasst unter anderem auch eine erweiterte Kennzeichnungspflicht. Er legt außerdem fest, dass für Verpackungen bestimmte Anteile von Post-Consumer-Recyclingmaterial (PCR) zum Einsatz kommen muss. Zusätzlich soll die Quote von Mehrwegverpackungen gesteigert werden. Für die Verpackungsindustrie mit ihren teilweise riesigen Lauflängen und entsprechend langen Produktzyklen ist das ein ehrgeiziger Plan.

Die neue EU-Verpackungsverordnung PPWR will die Nutzung von Einweg-Kunststoffen für Verpackungen vermindern. Der Trend ist aber noch nicht überall angekommen. Foto: S. Angerer

Weniger und effektivere Verpackung liegt im Trend

Die Europäische Union ist mit ihren Plänen auch nicht allein. Ähnliche Initiativen oder bereits vorliegende Gesetzgebungen sind auch aus Nord- und Südamerika, sowie einigen asiatischen Staaten bekannt. Doch nicht nur staatliche Regularien sorgen dafür, dass sich der Verpackungsdruck in den nächsten Jahren massiv verändern muss. Konsumenten sehen Verpackungen nämlich ebenfalls zunehmend negativ.

So wies Jenny Walther-Thoß, Senior Consultant, B+P Consultants GmbH, anlässlich einer Presseveranstaltung in Nürnberg im September 2024 darauf hin, dass Verbraucher den Verpackungen bis zu einem Drittel des gesamten CO2-Ausstoß eines Produkts unterstellen. Tatsächlich, so die Beraterin, läge der Anteil in der Regel bei etwa 2 bis 3%. Selbst extrem aufwändige Luxusverpackungen machten kaum mehr als 10% des ökologischen Fußabdrucks des Gesamtprodukts aus.

In ihrer Ablehnung von Verpackungen sind Verbraucher allerdings nicht besonders konsequent. Denn nach wie vor wächst die Nachfrage nach personalisierten und individualisierten Verpackungsoptionen enorm. Dies hat auch mit dem allgegenwärtigen Online-Shopping zu tun. Denn hier ersetzt das Unboxing in den eigenen vier Wänden immer häufiger das Shopping-Erlebnis am POS.

Digitale Schneidetische helfen künftig, Produkte in Karton statt Kunststoff zu sichern. Foto: S. Angerer

Auswirkungen der Verpackungs-Trends auf den Digitaldruck

Auf Veranstaltungen und Messen ist deutlich zu sehen, dass die Verpackungsindustrie enorme Anstrengungen unternimmt, ihren Ressourcenverbrauch einzuschränken. Dabei setzt sie auf zunehmende Automatisierung und Digitalisierung. Abfüllen bzw. bestücken, verpacken und Logistik werden in einem einzigen effizienten Workflow zusammengefasst.

Die Verpackungsindustrie treibt zudem die Digitalisierung voran. ERP- und Management-Software erleichtert beispielsweise die Just-in-Time-Produktion oder hilft dabei, effiziente Mehrweg-Systeme einzurichten und zu überwachen. Für den Digitaldruck ist das erst einmal eine gute Nachricht.

Denn obwohl analoge Druckverfahren bei der Flexibilität in den letzten Jahren enorm aufgeholt haben, können sie dem Digitaldruck in punkto Vielseitigkeit und Geschwindigkeit nicht das Wasser reichen. Megatrends wie Personalisierung und Regionalisierung haben außerdem dazu beigetragen, dass Verpackungen für Konsumgüter in vielen unterschiedlichen Varianten und Sprachen gedruckt werden müssen. Der Preisvorteil des Analogdrucks bei sehr großen Lauflängen schmilzt dadurch dahin.

Künftig werden Verpackungen mehr denn je aus Karton und Papier bestehen. Denn dadurch kann man für Verpackungen Rohstoffe einsetzen, die immer wieder nachwachsen. Noch wichtiger ist allerdings, dass der Recycling-Kreislauf für Papierprodukte in der Europäischen Union bereits sehr gut ausgebaut ist. Dadurch lassen sich vorgegebene Wiederverwertungsquoten bereits jetzt leichter erreichen.

Für den Digitaldruck ist diese „Paperization“ Fluch und Segen zugleich. Zwar haben große Hersteller wie HP, Durst oder EFI längst Hochleistungs-Modelle für den Verpackungsdruck auf Wellpappe im Programm. Viele bereits installierte Großformatdrucker für die Herstellung von Beschilderungen eignen sich unter verschärften gesetzlichen Rahmenbedingungen aber nur bedingt für den Verpackungsdruck. Tinten und Substrate sind oft nicht für Lebensmittel- und Primärverpackungen zertifiziert.

Auch können viele Digitaldrucktinten in bestehenden Recycling-Kreisläufen für Papier derzeit nicht befriedigend von der Faser getrennt werden. Für wirksames Deinking und sortenreines Recycling nicht nur vom Papier, sondern auch von Kunststofffolien, ist es notwendig, dass Tinten-, Substrat- und Maschinenhersteller, aber auch Druckereien und ihre Kunden Hand in Hand zusammenarbeiten.

Der „Paperization“-Trend bei den Verpackungen hat auch Auswirkungen auf den Digitaldruck. Foto: S. Angerer

Wie können Druckereien von aktuellen Trends im Verpackungsdruck profitieren?

Der Digitaldruck von Etiketten sowie von Verpackungen auf Papier und Wellpappe wird durch die die neue EU-Verpackungsverordnung PPWR sowie ähnlichen Gesetzesvorhaben in vielen weiteren Ländern voraussichtlich einen deutlichen Aufschwung erfahren.

Auch die Nachfrage nach digitalen Schneidetischen, beispielsweise von Zünd, Kongsberg oder Bullmer sowie Schneideleistungen dürften dadurch steigen. Denn empfindliche Produkte werden künftig verstärkt nicht mehr in Plastik-Trays, sondern in Formen aus unbedruckten Karton gesichert werden.

Die verschärften Umweltschutz- und Berichtspflichten entlang der gesamten Lieferkette stellen den Digitaldruck aber auch vor Herausforderungen. Denn es genügt dann nicht mehr, allein auf technologische Vorteile wie den im Vergleich zum Analogdruck geringeren Material- und Stromverbrauch zu verweisen, um als umweltfreundlich eingestuft zu werden.

Hersteller von Konsumgütern und Verpackungsmaterial streben schon jetzt danach, effiziente, digitalisierte und integrierte Workflows aufzubauen. Druckereien werden sich also mit ihrem Angebot, womöglich sogar mit ihrer Produktion daran anpassen müssen. Nur so können sie vom Aufbruch in der Verpackungswelt profitieren und sich gleichzeitig als zuverlässiger Partner der Industrie etablieren.

Gelingt ihnen das nicht, ist zu erwarten, dass vor allem die Hersteller von Konsumgütern den Verpackungsdruck verstärkt in ihre eigenen Produktionslinien integrieren und auf den Zukauf von Verpackungen, egal ob analog oder digital gedruckt, eher verzichten.

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