Welche Inkjet-Tinte für den Textildruck?
Textilanwendungen zählen nach wie vor als zentraler Wachstumsbereich in der Digitaldruckindustrie. Aber es ist nicht ganz leicht, die passende Technologie zu finden. Deshalb hier nun ein Tinten-Leitfaden für Einsteiger in den Textildruck.
Bei der Beschäftigung mit dem digitalen Textildruck macht sich bei manchem Einsteiger angesichts der Vielzahl an unterschiedlichen Technologien Verwirrung breit. Der einfachste Weg, den Markt und seine Tintentechnologien zu überblicken, ist dessen Aufteilung in verschiedene Segmente nach Anwendungen:
- Flaggendruck
- Soft Signage
- Bekleidungsdruck
- Roll-to-Roll-Textildruck
Während sich diese Segmente nicht strikt voneinander abgrenzen, sondern sich teilweise überschneiden, definieren sie dennoch sehr stark die Anforderungen an die verwendeten Tinten und Technologien.
Tinten für den Flaggendruck
Bildunterschrift: Aufgrund ihrer hohen Lichtechtheit werden Disperse Dye-Farben auch für Möbel im Außenbereich verwendet. Foto: S. Angerer
In vielerlei Hinsicht kann der Digitaldruck von Bannern und Fahnen als ein "Vorfahr" des Soft Signage gesehen werden. Bereits Mitte der neunziger Jahre versuchten erste Unternehmen, einen Teil ihrer Flaggenproduktionen vom Siebdruck auf Digitaldruck umzustellen. Angesichts vieler neuer Staaten und Grenzen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs war dies naheliegend.
Bei den meisten National- und Firmenflaggen ist nicht so sehr die Druckauflösung ein Thema, sondern vielmehr der Durchdruck und die Haltbarkeit. Die meisten Outdoor-Flaggen werden daher aus Textilien auf Polyesterbasis hergestellt. Heute werden sie in der Regel mit wasserbasierten Direkt-Disperse-Dye-Tinten bedruckt. Wenn man Polyesterstoffe mit Disperse-Dye-Tinten färbt, wirkt das Ergebnis zunächst eher stumpf. Denn die Farben muss man bei ca. 170 °C kalandrieren, um sie sozusagen zu "entwickeln". Dies geschieht häufig während des Produktionsvorgangs mittels einer im oder am Drucker eingebauten Heizwalze oder einem Kalander wie beim Dgen Teleios Grande G5.
Direkt-Disperse-Dye-Tinten sorgen für einen starken Durchdruck, so dass die Fahnen auf beiden Seiten nahezu den gleichen Farbton zeigen. Die Beständigkeit im Freien beträgt in der Regel bis zu drei Jahre. Aus diesem Grund findet die Direct-Disperse-Tinten-Technologie auch in der Automobilindustrie und bei Gartenmöbeln Anwendung.
Dye-sub-Tinten (Sublimationstinten) verwendet man auch bei der Herstellung von Fahnen und Bannern. Dazu werden sie zunächst auf sehr dünnes Transferpapier gedruckt. Wenn beim Transfersublimationsverfahren Transferpapier und Polyestertextil bei 180 bis 200 °C zusammen kalandriert werden, geht die Farbe vom feststofflichen Zustand direkt in die Gasphase über und bettet sich tief in die Fasern ein. Dabei wird keine Flüssigphase durchlaufen. Sublimationsdrucklösungen bieten eine Vielzahl von Herstellern an, darunter EFI, Durst, HP und Mimaki.
Mit Dye-Sub-Tinten sind sehr scharfe Bilder sowie kleine Buchstaben möglich, so dass sich die Drucke auch für sehr nahe Betrachtungsabstände und Soft-Signage-Anwendungen eignen. Der Durchdruck ist viel geringer als bei Direct-Disperse-Dye-Tinten. Allerdings sind Sublimationsdrucke in der Regel nur kurzzeitig im Außenbereich haltbar.
Tinten für Soft Signage
Bildunterschrift: Hintergrundbeleuchtete Soft-Signage-Anwendung im Sublimationsdruck in einem Münchner Kaufhaus. Foto: S. Angerer
Soft-Sign-Anwendungen sind, kurz gesagt, Beschilderungen, die anstelle auf Papier, Bannermaterial, Selbstklebern oder Mesh auf Textil gedruckt werden. Die dazu am häufigsten verwendeten Technologien sind
- Sublimationstinten
- Latex-Tinten
- UV-härtende Tinten
Mit Ausnahme der Sublimationstinten (siehe oben) handelt es sich bei den für Soft Signage im Innen- und Außenbereich verwendeten Tinten um dieselben Technologien, die auch für viele andere Rolle-zu-Rolle-Anwendungen sowie den Plattendruck verwendet werden. Diese Tinten sind deshalb nicht textilspezifisch.
Tinten für Bekleidungsdruck
Bildunterschrift: Modeartikel werden häufig mit Reactive- und Acid-Dye-Tinten bedruckt. Foto: S. Angerer
Digitaldruck auf Hemden, Mützen und andere Kleidungsstücke gibt es, seit Copy-Shops die ersten vierfarbigen Tintenstrahldrucke anboten. In den ersten Jahren presste oder bügelte man dazu Drucke von Office-Geräten auf relativ dicker Spezialfolie einfach auf das Shirt.
Die heutigen Sublimationstinten-Lösungen für den Bekleidungsdruck sind weitaus ausgereifter. Sie erfordern aber nach wie vor Polyester oder Polyestergemisch als Substrat oder eine Polyester-Vorbeschichtung. Deshalb werden Dye-Sub-Tinten häufig für Sportmode sowie eine Vielzahl von Heimtextilanwendungen wie Kissen verwendet. Der Roland DG Texart-XT-640 ist ein bekanntes Beispiel für eine Druckmaschine, die mit Blick auf diese Art Märkte entwickelt wurde.
Der Sublimationsdruck mit Inkjet funktioniert am besten auf weißen oder hellen Textilien. Es gibt eine tonerbasierte LED-Druckertechnologie von Oki, mit der sich auch Deckweiß und andere Farben auf dunklem Stoff realisieren lassen.
Pigmentierte Tinten auf Wasserbasis sind heute im Bekleidungsdruck weit verbreitet, da sie mit den meisten Fasern auf dem Markt funktionieren. Sie werden direkt auf den Artikel gedruckt, daher ist die Technologie auch als "Direct to Garment", DTG, bekannt. Pigmentierte DTG-Tinten sind in CMYK und Deckweiß erhältlich, so dass auch dunkle Stoffe bedruckt werden können. Sie erfordern typischerweise eine Vorbehandlung sowie eine Fixierung in einer Wärmepresse bei etwa 160 °C. DTG-Drucker in verschiedenen Größen mit Pigmenttinten sind z. B. von Epson, Brother und Kornit Digital erhältlich.
Tinten für den digitalen Rolle-zu-Rolle-Druck
Bildunterschrift: Pigmenttinten sind auch für Heimtextilien beliebt.
Pigmenttinten sind auch bei Rolle-zu-Rolle-Digitaltextildruckern sehr beliebt. Mehrere Marken von Pigmenttinten sind ÖkoTex 100-zertifiziert und somit auch für Kinderartikel geeignet. Im direkten Vergleich zu säurehaltigen und reaktiven Farbstoffen wirken Drucke mit Pigmenttinten stumpfer. Da die Farben nicht in die Stoffoberfläche eindringen, sondern sich auf der Faseroberfläche absetzen, ist die Farbechtheit zwar meist gut, die Waschbarkeit aber manchmal – je nach Tintenhersteller – weniger günstig. Die meisten Experten empfehlen Pigmenttinten daher eher für die Heimdekoration als für den Einsatz in der Alltagsmode.
Der digitale Roll-to-Roll-Textildruck in industriellen Volumen findet hauptsächlich in der Textilindustrie statt, und das aus gutem Grund. Die beiden dort hauptsächlich verwendeten wasserbasierten Farben, Reaktivtinten für Baumwolle, Wolle und Nylon sowie säurehaltige Tinten für Seide, Wolle oder Polyamide, erfordern für hochwertige Ergebnisse spezielle Vorbehandlungen. Als Nachbehandlung muss man dämpfen, um den Farbstoff tief in den Faser zu verankern. Außerdem werden mehrere Waschgänge benötigt, um überschüssige Farben auszulösen.
Da säurehaltige und Reaktivtinten brillante Farben, einen glatten Textilgriff, gute Waschbarkeit und Lichtechtheit bieten, bedienen sie vor allem Märkte in der Mode und im gehobenen Wohndekor. Inkjet-Tinten sind für die marktführenden Druckköpfe von Firmen wie Sun Chemical erhältlich.
Industrietaugliche Rolle-zu-Rolle-Textildrucker wie die Epson Monna Lisa Evo-Linie oder der Zimmer Austria Colaris werden zumeist für den Einsatz mit verschiedener Tintenchemie entwickelt.
Fazit
Heute steht eine breite Palette von Tintenchemie zur Verfügung, um alle Anforderungen des digitalen Textildrucks zu erfüllen. Wenn man sich für eine Textiltinten-Technologie entscheidet, sollte man sich zunächst darüber klar werden, welche Art von Produkt man hauptsächlich drucken möchte, und welche Anforderungen es dafür gibt. Es ist jedoch wichtig zu berücksichtigen, dass je nach Technologie die Vor- und Nachbehandlung viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Diese können auch einen Investitionsbedarf verursachen, der den Preis eines Druckers durchaus übersteigen kann. Eine intensive Recherche ist daher sehr ratsam.
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